NACHGEFRAGT BEIM SPRITPREIS-PROVOKATEUR
100-Euro pro Liter Sprit – was soll das?
Der Berliner Uni-Professor Gregor Bachmann fordert in einem Tweet extrem viel höhere Spritpreise. Wir haben ihn gefragt, warum und ob es wirklich 50 Mal mehr sein müssen.
Wenn es um die Bekämpfung des Klimawandels geht, dann gibt es zwei Aspekte, die kaum von der Hand zu weisen sind. Erstens müssen Maßnahmen ergriffen werden, die manchen oder teilweise vielen Menschen sauer aufstoßen – denn aus unserer Komfortzone heraus werden wir kaum etwas reißen können. Und zweitens, so sagte es beispielsweise Formel-E-Gründer Alejandro Agag, muss Nachhaltigkeit attraktiv und gleichzeitig erschwinglich sein. Sonst wird man die Menschen nicht dafür begeistern können. Nach Auffassung von Jura-Professor Gregor Bachmann muss Klimaschutz finanziell wehtun. Deshalb fordert er eine Anhebung der Spritpreise auf 100 Euro pro Liter. Autofahren sei ohnehin oft keine Notwendigkeit, sondern eine Bequemlichkeit, findet Bachmann.
Menschen werden nur durch finanzielle Sanktionen mehr zum Klimaschutz beitragen, denkt Gregor Bachmann vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht an der Humboldt-Universität Berlin. Deswegen fordert er, dass Sprit zukünftig 100 Euro pro Liter kosten soll. Erst dann würden „unsere lieben Mitbürger*innen anfangen, langsam darüber nachzudenken, ob es auch mal ohne Auto geht.“ Das schrieb der Jura-Professor, der sich privat mit Umweltschutz auseinandersetzt, auf Twitter. Der ursprüngliche Tweet ist mittlerweile gelöscht.
Jura-Professor findet drastische Klimaschutzmaßnahmen legitim
Wie er im Gespräch mit „ Bild “ erklärte, müsse Autofahren „wehtun“, damit der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel gelinge. Der Konsequenzen seiner Forderung ist sich Bachmann durchaus bewusst. „Wenn man den Klimaschutz durch Bepreisung von CO2 erreichen will, führt das notgedrungen dazu, dass vieles teurer und damit für ärmere Menschen nicht mehr erschwinglich wird“, sagte er. Diesen Preis müsse die Menschheit zugunsten des Klimaschutzes jedoch zahlen. Schließlich funktionierte der Wohlstand für alle nur deshalb, weil er „auf Kosten des Planeten und damit dritter“ finanziert wird.
Für Professor ist Auto fahren eine Frage der Bequemlichkeit
Ohnehin könnten viele Autofahrer auf ihren Wagen verzichten, denkt der Jurist. „Ich würde mal grob geschätzt behaupten, dass die meisten, die erklären, auf ihr Auto angewiesen zu sein, es in Wahrheit gar nicht sind, sondern nur der Bequemlichkeit halber fahren", so Bachmann. Immerhin gebe es auch auf dem Land öffentlichen Nahverkehr. Zwar führen die Busse und Bahne nicht so häufig wie in der Stadt, „aber das ist halt der Preis, wenn man sich ein Haus auf dem Land leisten will“, findet der Jura-Professor. Mittlerweile ist Bachmann nach Kritik an seiner Forderung etwas zurückgerudert. „Natürlich sind 100 Euro realitätsfern. Aber dass der CO2-Preis deutlich hoch muss, ist klar“, schrieb er in einem neuen Beitrag auf Twitter. „Man darf den Deutschen eben alles nehmen, nur nicht ihr Bier und Auto“, kommentierte der Jurist ironisch. Am morgigen Dienstag (1. August) wolle er sich nochmal in einem Radiointerview ausführlicher zu dem Thema äußern. „Könnt ihr euch dann im Autoradio anhören“, frotzelte er.
Auch sich für Umweltschutz engagierender Professor räumt Klimasünden ein
Dass er mit einem Gehalt von knapp 7.360 Euro brutto im Monat sehr gut verdient und leicht drastische Forderungen stellen kann – auch darüber ist sich Bachmann durchaus im Klaren. Das würde jedoch nichts an der Stichhaltigkeit seiner Argumentation ändern. „Trotz meines guten Einkommens zahle ich übrigens auch für klimafreundliches Verhalten. Beispiel: Ich wohne U-Bahn-nah in Zehlendorf, kann mir dort aber nur ein 120-Quadratmeter-Haus leisten, für fünf Personen“, sagt er zu „Bild“. Seinen 14 Kilometer langen Arbeitsweg bestreite er mit dem Rad, daneben besitzt er ein E-Auto.
Manchmal praktiziert der umweltschutzengagierte Bachmann jedoch nicht, was er predigt. Das kommuniziert der Jura-Professor offen: So lud er kürzlich auf Twitter ein Bild aus einer Skihalle hoch mit der Erklärung: „Ökologisch nicht 100 Prozent korrekt, aber einmal im Leben darf/muss es sein: Snowboard fahren im Hochsommer.“
Auto-Motor-Sport, Onlinemagazin