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Übersetzen könnte man den sperrigen Titel mit einer Art Mode-Knigge für Soldaten, sozusagen die Stilbibel für Uniformierte. Wie bei der Bundeswehr nicht anders zu erwarten, kommt sie mit vielen Verboten und noch mehr Skurrilem daher.
Der Einstieg des Werks liest sich staatstragend. Die Soldaten seien "Repräsentanten des Staates", im Inland prägten sie das Image der Truppe, im Ausland gar das des ganzen Landes.
Dann gleitet der Text ab in die truppentypische Semantik, die es so nur bei der Bundeswehr gibt. So müsse "die Freiheit zur individuellen Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes gegenüber der sichtbaren Einbindung in die militärische Gemeinschaft zurückstehen".
Nicht verstanden? Es geht auch einfacher: Ein Soldat darf im Dienst nicht so herumlaufen, wie er will, er muss sich an bestimmte Regeln halten. Das hat man sich irgendwie ja schon gedacht.
Wer aber glaubt, die Truppenführung mache sich nur um wirre Frisuren der Untergebenen Sorgen, irrt gewaltig. Vielmehr haben sich die Experten sehr eingehend mit vielen möglichen Verletzungen des guten Geschmacks beschäftigt und damit eine schon ziemlich alte Dienstvorschrift übergründlich erneuert.
Die ersten Regeln erscheinen noch nachvollziehbar. Klar, die Haare eines Soldaten sind kurz und ordentlich zu tragen, Irokesenfrisuren sind tabu. Ein möglicher Bart muss ebenfalls sauber gestutzt sein, wachsen lassen darf sich der Soldat die Haarpracht allerdings im Urlaub. Daneben sollen die Fingernägel kurz und sauber sein, die Schminke der Damen dezent, ebenso der Schmuck an Fingern und Ohren.
Was sind "abnehmbare Körpermodifikationen"?
So weit, so gut, doch spätestens nach diesem Punkt wird es richtig kompliziert. So werden unter dem Stichwort "Körpermodifikationen und -bemalungen" Praktiken beschrieben, die nach beängstigenden Ritualen klingen: "Zu dekorativen Zwecken ohne medizinische Notwendigkeit durchgeführten Eingriffe in die Substanz des menschlichen Körpers".
Worum es hier geht, wird erst durch die Verbote klar. Gemeint sind simple Tattoos, bei den Soldaten durchaus beliebt. Diese Modifikationen, so das Papier, seien zwar erlaubt, allerdings nur unter strengen Auflagen. So dürfen die Motive und Schriftzüge nicht diskriminierend, pornografisch oder gar grundgesetzwidrig sein.
Zudem müssen die schmerzhaft gestochenen Kunstwerke durch die Uniform verdeckt werden. Befinden sie sich am Hals, auf den Händen oder gar im Gesicht, seien sie "in geeigneter und dezenter Weise abzudecken".
Ebenso penibel regelt die Dienstvorschrift das Tragen von Piercings, im Bundeswehrdeutsch "abnehmbare Körpermodifikationen" genannt, die stets abzulegen seien. Auch Magnetimplantate "sind am ganzen Körper nicht zulässig".
Bei ihrer Stil-Analyse hat die Bundeswehr wirklich an alles gedacht, selbst sogenannte Tunnel in den Ohrläppchen werden klar geregelt, natürlich müssen diese durch eine "hautfarbene Abdeckung" getarnt werden.
Gültig ist das neue Regelwerk, abgesegnet vom Generalinspekteur persönlich, ab dem 1. Februar. Bisher ist nicht bekannt, ob, wie hart und durch wen die Bundeswehr die Vorschriften kontrollieren will oder wird. Doch auch dafür wird es sicher schon bald eine neue Dienstanweisung geben.
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/…d-piercings-a-944831.html
Haben wir keine anderen Probleme? Hatte die Truppen-Mutti zu viel Langeweile?
Für die Nachwuchsgewinnung ist diese Vorschrift wohl eher wenig förderlich.