Lackierte Stoßfänger, Parkpiepser, Regensensor: Autobauer jubeln uns unnütze Innovationen unter. Eine Mängelrüge.
»Hurra«, ruft die Autobranche, die sich gerade wieder auf dem Genfer Automobilsalon ein Stelldichein gibt, »der Kunde kauft wieder!« Es erscheint fast schon egal, was dem mobilitätshungrigen Volk vorgesetzt wird, ob die Kiste mit Benzinmotor, Diesel oder Hybrid angetrieben wird, ob das Blech in Japan, Frankreich, Korea, Rumänien oder Deutschland lackiert wurde, ob es sich um einen 6000-Euro-Dacia handelt oder einen hundertmal so teuren Rolls-Royce. Der Kunde fährt offenbar mit der Weltkonjunktur mit.
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Wer heute beispielsweise eine Mercedes-C-Klasse bestellt, muss mit Lieferfristen von bis zu sechs Monaten rechnen. Genauso kann es einem gehen, wenn man einen Hyundai mit Dieselmotor will, und die Autobosse reiben sich die Hände. Selbst jene Unternehmen, die gerade noch pleite waren, melden Rekordgewinne.
Doch – was kaufen wir da eigentlich? Bekommen wir die Autos, die wir wollen? Klar, wir können uns zwischen Audi und Mercedes, zwischen Peugeot und Hyundai, BMW und Toyota entscheiden. Wir wählen Benziner oder Diesel, Kleinwagen oder Geländemobil.
Aber bei vielen Dingen lassen uns die Autobauer keine Wahl. Wir bekommen Schnickschnack, nach dem wir nie gefragt haben!
Nehmen wir die Stoßstange: In Prospekten und Anzeigen rühmen sich die Hersteller, dass jetzt auch das neue Modell mit »in Wagenfarbe lackierten Stoßfängern« aufwarte. Mal gibt es diese »Innovation« serienmäßig, mal elegant im Ausstattungspaket verpackt, mal als aufpreispflichtiges Extra, das vom Verkäufer im Autohaus aber dringend angeraten wird. Wer es nicht glauben will, kann sich bei den 65 Modell-Premieren in Genf überzeugen. Egal, ob beim brandneuen Golf Cabrio, dem dreisitzigen Mini-Mini von BMW oder dem gestreckten Opel Zafira Tourer – die Stoßfänger sind durchlackiert, ganz ohne Gummis.
Die Folge ist dummerweise immer dieselbe: Bei jedem kleinen Rempler ist eine Neulackierung fällig, wozu das Anbauteil aus- und wieder eingebaut werden muss. Kosten: ab 500 Euro aufwärts. Damit nicht genug. Auch die Gummischutzleisten an den Seiten werden mittlerweile bei neuen Modellen fast durchweg der schönen Optik geopfert. Selbst die theoretisch fürs Grobe konzipierten Geländewagen oder SUVs verzichten darauf. Wenn dann der Nachbarparker vor dem Supermarkt seine Tür etwas ungestüm aufmacht, wird’s teuer.
Böse Zungen sagen, mit diesem Trend zum puren Lack wollten die Hersteller den notleidenden Händlern etwas Gutes tun. Bei den Reparaturen könnten sie das verdienen, was beim reinen Verkauf nicht mehr reinkomme. Solch finstere Verschwörungstheorien weisen die Autokonstrukteure natürlich weit von sich. Fakt ist, dass im Handel die Margen zuletzt arg dünn ausgefallen sind.
zeit.de
