Deutschlands Ampeln sollen „intelligenter" werden. Autofahrer und Lichtzeichen "reden" in Zukunft miteinander. Wo heute noch Detektorschleifen im Asphalt arbeiten, sollen künftig kleine Computer ihren Dienst tun. Am Ende soll der Fahrer wissen, wie lange die Grünphase oder auch das Rot noch dauern.
Forscher der Universität Kassel vom Fachgebiet Verkehrstechnik und Transportlogistik arbeiten derzeit an einer Technik, die ein Zusammenspiel von Ampeln und Autos ermöglichen soll. Konventionelle Ampeln, die auf die Stärke des Verkehrs reagieren, werden bisher über Detektorschleifen in der Fahrbahn oder über Infrarotdetektoren gesteuert. So können sich etwa Fahrzeuge „anmelden“, die nach links abbiegen wollen. Daneben zählt die Ampel die Fahrzeuge, die eine Kreuzung passieren, misst die Zeitlücken und schaltet dementsprechend auf Rot oder Grün.
„Wir wollen sowohl die Ampeln als auch die Autofahrer mit mehr Informationen versorgen“, sagt der Leiter des Fachgebiets Verkehrstechnik und Transportlogistik, Robert Hoyer. „Die Ampelsteuerung sollte mehr über den Verkehrsfluss wissen, und der Autofahrer wünscht sich Informationen darüber, was ihn an einer Kreuzung erwartet. Der jeweils andere hat die gesuchten Informationen – warum sollte man die nicht austauschen?“
Hoyer und sein Team wollen Mobiltelefone oder Taschencomputer (PDA) mit drahtlosem Internetzugang (WLan) und GPS-Empfänger mit einer Software ausrüsten, über die eine Ampel den Autofahrern mitteilen kann, wie lange die Grünphase dauert. Wer bei Rot halten muss, soll Informationen darüber bekommen, wie lange der Stopp noch dauert, ob er den Motor abschalten kann und wann er ihn wieder starten soll.
Damit die Ampel die gewünschten Daten liefern kann, muss sie ebenfalls einen kleinen Computer erhalten. Die auf die Kommunen, Länder oder den Bund als Straßenbauherren zukommenden Ausgaben hält Hoyer für „überschaubar“. Das neue System könnte sogar Kosten sparen, wenn die Detektorschleifen im Asphalt wegfallen.
„Diese Detektorschleifen sind unglaublich teuer“, sagt Hendrik Zurlinden, Teamleiter für strategisches Verkehrsmanagement im Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen. Zudem könnten damit lediglich in unmittelbarer Nähe der Ampel Informationen über den Verkehrsfluss übermittelt werden, die „intelligente Ampel“ könne bereits Daten empfangen, wenn das Auto noch mehrere Hundert Meter entfernt sei.
Die Neuentwicklung spare langfristig nicht nur beim Bau, sondern auch bei der Wartung Geld, hofft Zurlinden. Denn das neue System sei weniger anfällig gegen Störungen. Der Verkehrsexperte hat allerdings noch Zweifel, ob das in Kassel erdachte System auch dann noch reibungslos funktioniert, wenn bei hohem Verkehrsaufkommen sehr viele Autofahrer Informationen mit der Ampel austauschen.
Intelligente Ampeln würden jedoch nicht nur den Straßenverkehr sicherer und flüssiger machen, sondern auch die Luft in den Städten verbessern, ist Forscher Robert Hoyer überzeugt. Dadurch, dass Autofahrer Informationen darüber bekommen, wann sie den Motor ihres Wagens abschalten und wieder starten können, werde der Schadstoffausstoß reduziert. Unter anderem soll der Fahrer ein „Wecksignal“ auf sein Handy oder seinen PDA bekommen, damit er den Motor am Ende der Rotphase rechtzeitig starten kann. Das spare Kraftstoff und sei in Zeiten steigender Spritpreise ein keinesfalls zu unterschätzender Vorteil.
Im Labor funktioniert die Kommunikation zwischen Ampel und Auto bereits. Nun steht der Praxistest an. Am Ende des Projekts – ein konkreter Zeitpunkt steht noch nicht fest – soll die intelligente Ampel an drei Kreuzungen im südhessischen Bensheim (Kreis Bergstraße) getestet werden. Auch die Stadt Kassel hat laut Hoyer bereits Interesse angemeldet. Das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen plant den Praxistest für Anfang 2010 ein.
Welt Online