Oberkommissar Bodo Pohl ist ein Freund der Mechanik. Nockenwellen und Zahnräder, Luftfilter und Auspuffkrümmer sind die Welt des Frankfurter Verkehrspolizisten und Motorradliebhabers, der mit seinen Kollegen frisierte Roller aus dem Verkehr zieht.
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Bis zu zwei Drittel der nicht zulassungspflichtigen Kisten unter 50 Kubikzentimeter sollen schneller laufen als die Polizei erlaubt, immer wieder berichten die Dienststellen im gesamten Land von sagenhaften Geschwindigkeitsüberschreitungen.
Die jugendlichen Heizer erzählen ihre Geschichten aus dem Kleinkrieg mit der Polizei ganz zeitgemäß im Internet wie zum Beispiel dieser junge Besitzer eines Yamaha-Rollers im schönsten Schrauber-Kauderwelsch: "Mein Roller hat 'ein paar' motorische Änderungen (Polini 50 ccm Sport, Dellorto 17,5 mm, Polini Membranblock, Racing Ansaugstutzen, Polini Kit Speed Control, Malossi Delta Clutch, Distanzring weg, Yasuni Z Sportauspuff) erlitten und fährt nicht mehr ganz die erlaubten 45 km/h." Es folgt eine umständliche Geschichte, wie er einen Motorradpolizisten überlistet haben will.
Tatsächlich war es noch nie so einfach, einen Roller zu frisieren wie heute. Zu nahezu jedem Typ der "Scooter" findet sich im Internet eine detaillierte Tuning-Anleitung. Die entsprechenden Anbauteile sind nur einen Mausklick weit entfernt, wenn man das nötige Kleingeld mitbringt. Zugelassen sind sie damit noch lange nicht, aber das stört die Schrauber wenig. Noch effektiver ist es, die elektronischen Drosselungen zu knacken, mit denen zum Beispiel die Drehzahl bei vielen Mofa-Rollern (bis 25 km/h) begrenzt wird. In den meisten Ländern der Welt gibt es derart langsame Zweiräder gar nicht, so dass die Hersteller nach einer billigen Technik suchen, um ihre Maschinen ohne großen Aufwand auch auf dem deutschen Markt anbieten zu können.
"Das ist für uns nur ganz schwer festzustellen", sagt Oberkommissar Pohl. Gleichwohl reicht die Radarmessung mit dem deutlich höheren Tempo fürs Gericht. Zum Leidwesen der Technikfreaks unter den Beamten hat sich die Polizei nämlich aus der allzu genauen Untersuchung der heißgemachten Zweiräder verabschiedet. "Das ist eigentlich nicht unsere Aufgabe, sondern die von Gutachtern", sagt der stellvertretende Chef der Frankfurter Verkehrsüberwachung, Thorsten Reus.
Die polizeilichen Erkenntnisse zu aufgebohrten Zylindern oder ausgeräumten Auspufftöpfen seien folglich vor Gericht nur als Indiz, nicht aber als Sachverständigenmeinung bewertet worden. "Dafür müssen wir uns nicht die Hände schmutzig machen", resümiert Reus. Die Frankfurter Polizisten belassen es daher seit rund zwei Jahren dabei, das Beweisfoto der Geschwindigkeitsüberschreitung an die Staatsanwaltschaft zu übergeben.
Die Folgen für die meist jungen Raser könnten ganz erheblich sein, warnt Polizist Reus. Überschreitet der Hubraum oder die Endgeschwindigkeit den erlaubten Rahmen, wird ein höherklassiger Führerschein fällig, über den die wenigsten Lenker verfügen und daher eine Straftat begehen. Die Betriebserlaubnis erlischt bei illegalen Umbauten ohnehin, und im Falle eines Unfalls wird die Versicherung versuchen, sich an dem Rollerfahrer schadlos zu halten, so dass dieser für mögliche Folgekosten selbst aufkommen muss. Das kann gerade bei verletzten Unfallgegnern sehr teuer werden. "Das machen sich die jungen Leute gar nicht klar", glaubt Reus.
Ein ergiebiges Thema in der Großstadt sind auch die diversen internationalen Führerscheine. So beteuert ein Mann aus Portugal durchaus glaubhaft, dass er in seiner Heimat unbeanstandet mit seinem Autoführerschein einen großen Motorroller mit 125 Kubikzentimetern Hubraum fahren darf. In Deutschland nützt ihm das allerdings wenig, denn hier wird ein Motorradführerschein oder ein vor April 1980 erworbener Autoführerschein verlangt, und so ist wahrscheinlich eine Strafanzeige unausweichlich.
Häufig sind auch Mängel, die weniger auf unbefugte Eingriffe und mehr auf die grottenschlechte Produktqualität der Roller zurückzuführen sind. Für 900 Euro habe er vor einem Jahr seinen 50er- China-Roller im Baumarkt gekauft, berichtet der 39 Jahre alte Davinda Varia an der Kontrollstelle. Teile der Seitenverkleidung haben sich ohne Sturz kaputtgeruckelt und sind einfach abgefallen. Der angebliche Importeur reagiere nicht auf die drängenden Fragen nach Garantie oder Ersatzteilen, und mehr als 49 km/h bergab laufe die Kiste auch nicht, schimpft der Mann. Das wenigstens entspricht ganz der Vorschrift.
Frankfurt/Main (dpa)