CO2-Grenzwerte: Kleinstwagen droht das Aus
PSA stellt Produktion seiner Kleinstwagen ein
Die CO2-Grenzwerte der EU können nur mit teurer Spritspartechnik erreicht werden. Für günstige Kleinstwagen, auch City-Cars genannt, bedeutet dies das wirtschaftliche Aus. So hat die PSA-Gruppe bekannt gegeben, zwei seiner Modelle einstellen zu wollen. Dieser Artikel wurde am 16. Oktober 2020 aktualisiert. Bedrohen die CO2-Grenzwerte die Existenz der Kleinstwagen? Einst wurden sie erfunden, um die Mobilität preiswerter und umweltfreundlicher zu gestalten: In den 1990er-Jahren entstand unterhalb der Kleinwagen wie VW Polo und Opel Corsa eine ganz neue Fahrzeugklasse, die der City-Cars. Ford Ka, VW Lupo und Co. sollten in den Städten weniger Platz benötigen und an der Tankstelle Geldbeutel und Umwelt entlasten. Schnell stiegen die sogenannten Kleinstwagen zu bevorzugten Gefährten von Pizzalieferanten und Pflegediensten auf. Doch schon in wenigen Jahren könnte das derzeit noch beliebte Fahrzeugsegment der Vergangenheit angehören. Der Grund: die strengen Grenzwerte für den Kohlendioxid-Ausstoß von Neuwagen. So hat die EU-Kommission der Autoindustrie für 2020 ehrgeizige Ziele gesetzt: Der durchschnittliche CO2-Ausstoß eines Neuwagens soll auf 95 g/km reduziert werden. Für jedes Gramm darüber fallen 95 Euro Strafe an – pro Fahrzeug. Die Hersteller konnten jedoch einige Sonderregelungen durchsetzen: Autos mit einem Ausstoß von weniger als 50 g/km werden bis 2022 mehrfach angerechnet. Auch Öko-Innovationen – etwa Solardächer – senken die Flottenwerte. Kleinere Hersteller wie Ferrari und Co. bekommen individuelle Ziele, unter 1000 Neuzulassungen müssen sie keine Strafen zahlen.
KLEINSTWAGEN DROHT WEGEN CO2-GRENZWERTEN DAS AUS
Trotzdem werden die meisten Hersteller die EU-Vorgaben nicht einhalten können: Insgesamt drohen 2021 Strafzahlungen in Höhe von rund 3,9 Milliarden. Euro. Allein auf den VW-Konzern kommen 1,4 Milliarden Euro zu. Und ab 2030 zieht die EU die Daumenschrauben weiter an: Dann sinkt der CO2-Flottengrenzwert um 50 Prozent. Zum Vergleich: In den USA ist bereits das Ziel von 113 g/km für 2020 hochumstritten, Japan hat seine Autoindustrie auf 117 g/km eingeschworen. Wenn die Autokonzerne die Strafen nicht an ihre Aktionäre weiterreichen wollen, werden die Hersteller die Bußen auf den Kaufpreis der Neuwagen aufschlagen. Bei großen Fahrzeugen und SUV wird das funktionieren, nicht jedoch bei den City-Cars: Allein die ab 2020 geltenden Grenzwerte würden bei einem Fiat Panda zu einem Bußgeld von 3800 Euro pro Auto führen. Dabei ist die Gewinnmarge der Autohersteller bei den spitz auf Knopf gerechneten Kleinstwagen ohnehin gering.
REUTERS: AUS FÜR CITY-CARS VON PSA (PEUGEOT & CITROËN)
Bleibt noch die Möglichkeit, die Kleinstwagen mit moderner Spritspartechnik unter die CO2-Vorgaben zu drücken. Doch das ist bei den bereits verbrauchsoptimierten, leichten Fahrzeugen aufwendiger als bei größeren und schwereren Modellen. So schätzt VW-Chef Herbert Diess die Mehrkosten für die notwendige Technik auf rund 3500 Euro pro Fahrzeug – fast ein Drittel des Listenpreises. Sein Fazit: Das Einstiegsmodell hat in Europa keine Zukunft mehr. Der VW Up und die baugleichen Skoda Citigo und Seat Mii werden wohl 2022 ohne Nachfolger auslaufen. Konkurrent Opel stellt seine Kleinsten sogar noch früher ein: Opel Adam und Karl, die beide noch unter dem Dach von General Motors entstanden, gingen 2019 in ihr letztes Jahr. So überrascht auch die Nachricht aus dem Oktober 2020 nicht, dass die PSA-Gruppe vor ihrer Fusion mit FCA zum Großkonzern Stellantis Produktion und Vertrieb der Kleinstwagen Peugeot 108 und Citroën C1 einstellt. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die beiden City Cars werden bislang im Verbund mit Toyota in einem tschechischen Joint Venture hergestellt. PSA gab bereits bekannt, seine Anteile daran verkaufen zu wollen. Die Einstellung der beiden Modelle passt zur Europa-Strategie der Autobauer, die das Kleinstwagensegment künftig nur noch mit batterieelektrischen Fahrzeugen bedienen wollen, um die geforderten CO2-Grenzwerte einzuhalten. Auch Smart wagte den vollständigen Umstieg zur Elektromobilität. Damit setzt Smart alles auf eine Karte: Zu Beginn führt die Umstellung auf die deutlich teureren E-Mobile zu Verkaufsrückgängen. Immerhin bleiben Smart dann die Strafzahlungen erspart.