Bundestag nutzt Fussball-EM und Freiheit der Bürger zu beschneiden
Der umstrittene Gesetzentwurf für ein neues Meldegesetz wird im Bundesrat voraussichtlich gekippt werden.
Von SPD und Grünen regierte Länder haben für die im Herbst anstehende Abstimmung in der Länderkammer
bereits ihren Widerstand angekündigt. Anders als im Bundestag hat die Koalition dort keine Mehrheit.
Der vom Parlament ohne Aussprache gebilligte Entwurf sieht vor, dass Meldeämter Daten wie Name und An-
schrift an Unternehmen gegen Gebühr weitergeben dürfen, ohne den jeweiligen Bürger zu fragen. Dieser kann
zwar auch weiterhin vorbeugend Widerspruch einlegen - dieser gilt künftig aber nicht, wenn die Adresshändler
vom Amt nur bereits vorhandene Daten bestätigen oder aktualisieren lassen wollen.
Für das grün-rot regierte Baden-Württemberg sagte Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD): «Die Weitergabe
von Daten ohne Ausschlussmöglichkeit des Bürgers wird nicht mitgetragen.» Jeder Bürger müsse dem Handel
mit seinen persönlichen Angaben wirksam widersprechen können, sagte er der «Südwest Presse» (Montag).
Auch Regierungschef des rot-grün regierten Bremen, Jens Böhrnsen (SPD), kündigte Widerstand an. «Ich glaube
nicht, dass das Gesetz den Bundesrat unverändert übersteht», sagte Böhrnsen, der Ende Juli den Vorsitz im
Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat übernimmt, der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Montag).
Der Bundesdatenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar, verlangte generell, zur ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs zurückzukehren, die eine Einwilligung des Bürgers zur Voraussetzung für die Weiter-
gabe seiner Daten durch die Meldebehörde machte. «Es geht nicht an, dass Daten, die der Staat zwangsweise
erhebt, gegen Entgelt und ohne Einwilligung des Betroffenen weitergegeben werden.»
Für die Kommunen wäre ein Entgegenkommen gegenüber den Werbern im neuen Meldegesetz «problematisch»,
wie der Vize-Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, der «Süddeutschen Zeitung» (Montag) sagte.
«Unser Interesse geht nicht dahin, mit Adressen zu handeln.»
Neben SPD-Politikern hatten am Wochenende auch Grüne und Linkspartei schon Widerstand angekündigt. Die
Kritiker haben dabei Verbündete selbst in der Regierung. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) rückte am
Sonntag von der Neuregelung ab und meldete «Diskussionsbedarf» an. Sie halte die ursprüngliche Einwilligungs-
lösung «nach wie vor für den besseren Weg», sagte sie der «Berliner Zeitung».
In Kraft treten soll das Gesetz 2014. Mit ihm setzt die Bundesregierung eine Vorgabe der Föderalismusreform von
2006 um, wonach das Melderecht von den Ländern auf den Bund übergeht.
FAZ, 09.07.2012
Da sieht man´s mal wieder : Brot und Spiele.
Lenkt den Pöbel ab mit viel Tam-Tam und dann können wir ungestört unsere blödsinnigen Gesetze durchpeitschen.
Im grunde war das ja schon bei den letzten WMs und EM´s schon so....
Aber da waren die Gesetze noch human - in diesem konkreten Fall soll die persönliche Freiheit und der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Bürgers beschnitten werden und nicht nmal aus einem übergeordneten administrativen
Schutzinteresse heraus, sondern lediglich um damit Geld zu verdienen und der industriellen Lobby zu dienen.
Und der parlamentarische Geschäftsführer der FDP versucht das auch noch als "Fortschritt" zu verkaufen. Dieser
Kasper war doch echt so bescheuert und meinte im Radio - es sei das erste Gesetz, wo der Bürger der Weitergabe
einer Daten widersprechen darf. Er vergisst aber bewußt zu sagen, dass es bisher erforderlich war das Einverständ-
nis des Bürgers einzuholen, und damit die Widerspruchslösung nicht notwendig war. Das heißt nicht anderes, als
dass der Bürger nun selbst aktiv werden muss, um zu verhindern, dass der Staat mit seinen Behörden seine persön-
lichen aten weiter gibt. Der Hamer aber ist : Kann der adresshändler nachweisen irgendwann mal eine Zustimmung
vom Bürger bekommen zu haben, dann ist dem Bürger sozusagen auf Lebenszeit die Möglichkeit eines Widerspruchs
genommen. Einmal zugestimmt auf irgend einer Gewinnpostkarte, kann man nie wieder widerspruch einlegen !
Ämter und Behördern müssen lt. dem neuen Gesetzentwurf die Daten sogar korrigieren oder vervollständigen, mit denen Adresshändler und Wirtschaft an sie herantreten. Wo ist da noch der Dastenschutz gegeben ?
Der Witz : die Behörden untereinander dürfen sich die Daten und Akten von Bürgern nur unter streng geregelten
internen Vorgaben übergeben. Da gibt es bürokratische Hürden, da ist der amtsschimmelm im Galopp unterwegs.
aber die freie wirtschaft soll sich wie einem SB-Warenhaus einfach bedienen dürfen ?