E-Mails, Fotos, ein Facebook-Profil oder Ebay-Konto – das Internet ist voll mit persönlichen Daten. Doch was passiert eigentlich, wenn wir sterben? Kaum jemand hat in seinem Testament geregelt, was mit seinem digitalen Nachlass geschehen soll. Das kann nicht nur teuer werden, sondern auch peinlich.
Mehr als 30 Millionen Deutsche haben ihre Profile in sozialen Netzwerken wie Facebook veröffentlicht. Doch was passiert mit den öffentlich zugänglichen Daten, wenn der Nutzer stirbt? Netzwerk-Profile werden bei Tod nicht automatisch gelöscht. Wenn sie auf den Tod eines Teilnehmers hingewiesen werden, schicken einige Anbieter aber eine E-Mail an die Adresse des vermeintlich Gestorbenen. Erfolgt längere Zeit keine Reaktion, löscht der Anbieter die Seite oder schaltet das Profil unsichtbar, damit Websurfer es nicht mehr finden können. Andere Anbieter setzen sich mit Angehörigen in Verbindung, sobald sie vom Tod eines Mitglieds erfahren.
Nach Angaben des Branchenverbands Bitkom brauchen Nutzer bis zehn Jahre nach dem Tod des Teilnehmers die Einwilligung der Erben, um Bilder des Verstorbenen zu veröffentlichen. Letztlich entscheiden die Erben, was mit dem Eintrag im Netzwerk passiert. Das gilt auch für Daten auf Online-Festplatten, E-Mails der Verstorbenen oder im Internet gespeicherte Fotos.
Wenn im Testament nichts anderes verfügt ist, haben Angehörige Zugriff auf alle Computerdaten des Verstorbenen. Die Entscheidung, was damit passiert, liegt ganz bei ihnen. Im Netz können für Hinterbliebene wichtige Informationen lagern. So werden Versicherungen oder Kreditverträge zunehmend online abgeschlossen. Online-Adressbücher, gespeicherte E-Mails, Bilder und Profile gehören ebenfalls den Erben. Rechte an privaten Homepages gehen auf sie über.
Erben sind zudem rechtlich befugt, auf Benutzerkonten des Verstorbenen zuzugreifen. Bei Internet-Anbietern dürfen sie neue Passwörter anfordern, um mit den Nutzerkonten „wie ein Eigentümer“ umgehen zu können. Als Legitimation reichen in der Regel Sterbeurkunde und Erbschein.
Nach Empfehlungen des Bitkoms sollten Erben den digitalen Nachlass aber genauso sorgfältig prüfen wie Schriftstücke aus Papier. Einerseits können Hinterbliebene eventuell wichtige Hinweise finden für die Entscheidung, ob sie das Erbe annehmen sollen – etwa in Bezug auf Kredite oder andere mögliche Risiken. Andererseits ist der Einblick in die Online-Privatsphäre eines Verstorbenen ein sensibles Thema. Es können sich in E-Mails, Community-Postfächern und Dateien auf dem Computer zu Hause private Informationen befinden, die Angehörige negativ überraschen, von Beschimpfungen des Erben in vertraulichen E-Mails an Freunde bis zu Opas digital gespeicherter Pornosammlung.
Private Informationen liefern Trauernden unter Umständen aber Informationen über den Toten, die er ansonsten nicht zur Verfügung hätte, sagt Bitkom-Sprecher Christian Spahr: „Es kann zum Beispiel wichtig sein, zu sehen, wie der Verstorbene im Internet von anderen wahrgenommen wurde.“
Schon zu Lebzeiten kann jeder Computer- und Internet-Nutzer sein digitales Erbe regeln. Es ist möglich, im Testament zum Beispiel zu bestimmen, wer Zugriff auf welche Daten erhält oder ob Daten gelöscht werden sollen. Die sicherste Variante, seine Passwörter zu hinterlegen, ist es, sie in einem Umschlag beim Notar zu deponieren, rät der Bitkom.
Möglich ist auch, professionelle Agenturen einzuschalten. Die Dienste speichern für den Todesfall die wichtigsten Passwörter und Dokumente verschlüsselt im Netz. Nach dem Ableben machen sie dann die Daten zuvor ausgewählten Personen zugängig. Seit Kurzem unterstützt ein schwedisches Unternehmen mit dem Dienst Mywebwill (https://www.mywebwill.se/) die Verwaltung der Internet-Daten im Falle des Todes. Für eine einmalige Zahlung von 125 Euro und einem jährlichen Beitrag von 20 Euro regelt ein Internet-Testament, wer welche Passwörter zugestellt bekommt. Netzwerk-Profile lassen sich auf Wunsch löschen oder in eine Erinnerungsseite umgestalten. Die Todesmeldung erfolgt über die direkte Verbindung mit dem amtlichen Melderegister. Mywebwill ist vorerst nur in Schweden online, weitere Länder sollen folgen.
Der digitale Nachlassverwalter Deathswitch.com (Deathswitch.com) wirbt mit dem Slogan: „Sterben Sie nicht mit Geheimnissen, die keine mehr sein sollten.“ Hier können Nutzer Informationen, Nachrichten, Videos, Fotos oder Dokumente hinterlegen, die im Todesfall an gewünschte Personen gesendet werden. Das Abonnement gibt es für 19,95 Dollar im Jahr. Dafür schickt der Dienst 30 Nachrichten mit Anhängen an höchstens zehn Empfänger.
Auch der Dienst Legacy Locker hilft, den virtuellen Nachlass zu regeln. Wichtige Daten wie Passwörter, Dokumente oder Bild- und Audiomaterial werden hinterlegt und im Todesfall weitergeleitet. Der Dienst kostet jährlich 30 Dollar. Bei einer Einmalzahlung von 300 Dollar greift er bis an das Lebensende. Solche Dienste sind praktisch, aber auch heikel: „Selbst wenn Anbieter umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen haben, sollten Nutzer darüber nachdenken, ob sie derart sensible Daten gesammelt einem Dienstleister überlassen“, warnt der Bitkom.