Sonderpakete, teure Ersatzteile, Spritverbrauch-Schummel
Wie die Autobranche ihre Kunden austrickst
ARD-Doku enthüllt die fiesen Fallen beim Autokauf und in der Werkstatt. Das Auto – der Deutschen liebstes Kind. Das wissen auch die Automobilhersteller und bitten die Autofahrer kräftig zur Kasse: Beim Neuwagenkauf, durch überteuerte Sonderausstattungspakete und in den Werkstätten durch teure Ersatzteile.
In der Doku „Die Tricks der Autobranche“ decken die NDR-Reporter Susann Kowatsch und Jo Hiller am Montagabend zusammen mit Sachverständigen das dreiste Vorgehen der Autobranche auf. Der neue Wagen soll eine Klimaanlage haben, doch muss es gleich das dazugehörige Elektronikpaket mit Lederausstattung sein? Solche Fragen stellen sich Neuwagenkäufer immer häufiger.
Einzelne Sonderausstattungen sind oft nur in teuren Paketen zu haben, die mehrere hunderte Euro kosten. Muss das sein? Die Reporter haken nach.
Die Hersteller sagen, dass die Pakete „baubedingt“ zusammen verkauft werden müssen, oder so die „Komplexität in der Produktion“ verringert werden kann.
Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen sieht das anders, für ihn ist klar: „Mit den Paketen machen die Hersteller besonders hohen Profit!“ Der Kunde muss hier also für Dinge bezahlen, die er nicht braucht oder nicht will – klare Abzocke!
Den Kunden werden diese teuren Paket von den Händlern angeboten, der Preis des Traumwagens schnellt so in die Höhe. Hier lohnt sich das Vergleichen und Handeln, bis zu 20 Prozent Rabatt sind möglich, vor allem gegen Ende des Jahres oder des Quartals, weiß Christian Schäfer vom ADAC.Doch nicht nur das: Auch beim Spritverbrauch tricksen die Hersteller. Die Angaben sind oftmals wesentlich geringer als der tatsächliche Verbrauch, finden die Reporter des Norddeutschen Rundfunks heraus. Sie machen den Test mit einem Opel Meriva: Der Wagen verbraucht knapp 18 Prozent mehr als die Herstellerangabe.
Doch es geht noch schlimmer: Spitzenreiter im Mehrverbrauch ist laut ACE (Auto Club Europa) der Mitsubishi Colt, die Abweichung liegt bei knapp 64 Prozent! So entpuppt sich der als sparsam angepriesene Wagen als wahrer Spritschlucker.
Für Reiner Hillgärtner vom ACE ist das „Wahnsinn“. Er meint, dass „die Politik in die Puschen kommen muss!“ Die Verbrauchswerte sind geschönt, so Hillgärtner. Auch Dudenhöffer protestiert gegen die Werte, die EU habe zu „weiche Testbedingungen“ akzeptiert.
Das Oberlandesgericht Hamm sieht das ähnlich: Laut Urteil der Richter ist ein höherer Spritverbrauch von mehr als zehn Prozent ein „Sachmangel“, Käufer können also vom Kaufvertrag zurücktreten.Doch nicht nur beim Kauf oder an der Tankstelle müssen die Deutschen immer tiefer in die Tasche greifen. Auch für einfache Reparaturen wie dem Einbau eines neuen Motors für die Höhenverstellung der Scheinwerfer müssen die Autofahrer immer mehr bezahlen.
Grund: Bei vielen Modellen kann der Motor des Höhenreglers nicht einfach getauscht werden, es muss gleich ein neuer Scheinwerfer gekauft werden. Dann wird es richtig teuer: Im Test kostete der Motor des Höhenverstellers nur 30 Euro, der neue Scheinwerfer aber 700 Euro! Zwar gibt es seit 2006 eine EU-Verordnung, die genau das verhindern soll und eine einfachere Bauweise fordert, doch die Hersteller halten sich nicht daran. Warum ist das so? Ganz klar, die Hersteller machen ein gutes Geschäft mit den teuren Ersatzteilen. „Das Geschäft mit den Ersatzteilen ist eine Goldgrube!“, sagt Dudenhöffer. Der Dumme sei der Autofahrer, der das alles bezahlen muss.Kann man bei den hohen Preisen wenigstens gute Arbeit in den Werkstätten erwarten? Nicht immer!
Die Reporter testen zwei freie und zwei Vertragswerkstätten mit präparierten Wagen. Fazit des Tests: Nur eine Werkstatt hat alle Mängel gefunden! Für den Gutachter Matthias Lücke ein „ernüchterndes Ergebnis“.
Das Problem sieht er in der Faulheit der getesteten Werkstätten. Auch bei den Vertragswerkstätten gibt es immer wieder schwarze Schafe. Statt teurer Ersatzteile für den Neuwagen also doch lieber einen Gebrauchten? Auch hier gilt Vorsicht: Beim Gebrauchtwagenhändler wird getrickst, viele Unfälle werden verschleiert. Das gilt aber auch bei Privatverkäufen, beim Händler hat der Kunde immerhin noch ein Jahr Garantie.
Focus-Online