Wie fange ich an?
Vielleicht so:
So um 1492, kann ein paar Tage früher oder später gewesen sein, machte sich ein Italiener per Schiff Richtung Indien auf. Nun gabs damals keine Navis, und außerdem hatte der Gute in der Schule in Erdkunde immer nur gepennt. Sonst hätte er gewußt, das die Erde eine Scheibe ist und Segeln Richtung Sonnenuntergang überall hinführt, bloß nicht nach Indien. Macht nichts, mit der den Südeuropäern eigenen Leichtigkeit schipperte er trotzdem los, kam an einigen Stränden an und nannte die dazugehörigen Inseln "Westindische Inseln". Völlig daneben - das waren sie nämlich nicht, und wären sie es gewesen so allerhöchstens "ostindisch". Heute nennen wir diesen Trottel den "großen Entdecker", geboren wurde er als Christof Kolumbus... Aber die Inseln heißen immer noch so...
Warum schreibe ich das?
Nun, gute 520 Jahre später saß ich vor Weihnachten an meinem Schreibtisch und grübelte, was ich meiner Holden denn schenken könnte. Ich hatte mich ein bißchen danebenbenommen, also mußte etwas größeres her... Nein, keine ganze Insel... Bin doch nicht Krösus...
Nun schwärmt mein eheähnliches nicht steuerlich absetzfähiges Verhältnis von so einem schrägen Typen, der in ihren Studienzeiten trotz bereits erfolgtem vorzeitigen Ableben bei der weiblichen Studentenschaft posthum für kollektive Ohnmachtsanfälle sorgte - ein Typ aus gutem Haus, Argentinier, nikotinsüchtig nach dicken Zigarren. Name: Ernesto Gueverra, genannt "Che"...
Argentinien wäre prima - klasses Klima, klasses Essen, bloß ein Schönheitsfehler: Da kam der Che zwar eigentlich her, hat seine Spuren aber woanders hinterlassen. Der Bengel war besessen von der Idee eines Panamerikanischen Staates, und der Weg dahin führte ihn erstmals über eine der oben angeführten Inseln. Die Spanier nannten sie "Kuba", und abwechselnd hatten dort Spanier, Franzosen, oder auch Amerikaner das Sagen. Als Ernesto also mal nach einem kleinen revolutionsfähigem Land Ausschau hielt traf er in Mexiko auf einen Kubaner, der schon einen ersten Anlauf probiert hatte, dabei natürlich auf die Schnau*** fiel und zur Strafe von der Insel verschwinden mußte. Fidel hieß der, Castro mit Nachnamen, und der war kein Freund langwieriger Debatten. In einer für ihn typischen, knackig kurzen, nur 31 Stunden dauernden Rede überzeugte er Che, bei seiner Revolution mitzumachen.
1957 war das, und wer den Homo Sapiens Südamerikanensis kennt weiß, dass dieser gelinde gesagt Schwierigkeiten mit Plänen hat. Beziehungsweise Planungen... Die beiden griffen sich ein paar gute Kumpels, charterten eine Yacht, die Granma, verwechselten Brutto und Netto und überluden den Kahn hoffnungslos mit Waffen, Munition und Menschen. Für so profane Sachen wie Proviant und Wasser war da kein Platz mehr. Und da der Kahn so tief im Wasser lag brauchten sie nicht drei, sondern sieben Tage nach Kuba. Es kam wie es kommen mußte: Der erste revolutionäre Angriff ging absolut in die grünen Beinkleider. Aber wie ist das mit Bauern und Kartoffeln? Der bisherige Eigentümer der Insel, ein vergnügungssüchtiges Etwas namens Battista, hatte irgendwann sein geliebtes Volk gegen sich, und Fidel und Che eine Revolution gewonnen. Also am 1.Januar 1959. Und da war sie dann: Der Traum aller Anarchisten, Sozialisten, Kommunisten und weiß-der-teufel-für-isten: Der perfekte Staat, Kuba!
Das gefiel so einigen - zum Beispiel den Russen, also Sowjets, den Chinesen, den Studenten. Und einigen nicht, vor allem den Amerikanerns, denn die Herren Castro und Gueverra hatten einige auf der Insel vorhandene amerikanische Firmen in ihrer Buchhaltung auf die Haben-Seite gebucht, allerdings beim Soll die Zahlung vergessen. Pfui! Schon war Kuba böse, und irgendwann nach etlichen Zwischenfällen gab es ein Embargo, also nichts mehr vom Onkel mit der fetten Kreditkarte.
Aber der Kubaner ist zäh, und obwohl das über 50 Jahre her ist gibt es die sozialistische Republik immer noch. Und auch Fidel. Bloß Che nicht mehr, weil, der wollte 1967 auch Bolivien glücklich machen. Wollte aber die bolivianische Regierung nicht, und schon ließen sie ihn an einer Überdosis Blei sterben. Gemeinheit!
2012, im Juli...
Die MD 11 der KLM aus Amsterdam setzt auf dem Flughafen Jose Marti (der wollte schon 1889 das Gleiche wie Fidel, hatte aber weniger Erfolg, weil der erste Schuß prompt ihn traf) auf, und ein extrem neugieriger big&bad plus Freundin und 14jähriger Tochter betritt zum ersten Mal Kuba. Die Uhren werden sechs Stunden zurückgestellt, die Denkweise um mindestens 30 Jahre. Statt wie in Pretzsch von einer fürsorglichen Familie Wandersee werde ich hier von Zöllnern empfangen, deren überschäumendes Temperament und warme Herzlichkeit ehemals Vorbild für die Grenztruppen der DDR war...
Sanfte, kühle 33° schlagen uns entgegen, als sich die Tür endlich öffnet. Rein ins Taxi, ab zum Hotel... Ich sitze vorne, und nach 3 Minuten zweifelt meine Familie an meinem Geisteszustand: Ich klebe abwechselnd an der Front- oder Seitenscheibe, aus meinem Mund kommen abgehackte Wortfetzen, ohne Sinn und Verstand... "Packard 54... Bel Air 57... 180er Benz Ponton... Buick 56..." Speichel tropft in dicken Batzen auf den Boden, ich röchel, bin dem Herzifarkt nahe. Okay, die Tourismusbehörde hat alles aufgefahren, um mich zu beeindrucken. Ist ihnen gelungen.
Im Hotel im Herzen Havannas packe ich meine kKamera aus, gehe auf die Straße. Es ist keine Show: Oldies aus den 40ern und 50ern gehören hier zum Straßenbild wie bein uns Golf und Astra. Als Taxis, Lieferwagen, was auch immer. Damit nicht genug: Wer kein Geld für eine Taxe hat nimmt die Kutsche. Also so ein teil, wo vorne ein halbverhungertes etwas, dem die Rippen durch das Fell stechen, ein stahlbereiftes fragiles Gebilde ziehen, auf dem sich bis zu 10 Leute drängen. Wohlgemerkt, wir haben 2012....
Schon mal völlig unsortiert ein paar Bilder, morgen schreibe ich weiter....