Gewerkschaften lehnen Nullrunde 2010 ab
Die deutschen Gewerkschaften lehnen Forderungen nach Nullrunden bei den Tarifverhandlungen im Jahr 2010 ab. Vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie bekommen sie Unterstützung: Löhne seien nicht nur Kosten, sondern kämen auch den Unternehmen zugute, sagt IMK-Chef Gustav Horn.
Gewerkschafter in Deutschland haben sich gegen Lohnverzicht in den anstehenden Tarifrunden des Jahres 2010 ausgesprochen. „Wir brauchen Lohnerhöhungen, um den Binnenmarkt anzukurbeln. Und das geht nur, wenn die Arbeitnehmer mehr Geld in der Tasche haben“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, der „Süddeutschen Zeitung“ Möllenberg kritisierte die Forderungen von Ökonomen und Wirtschaftsverbänden scharf: „Wir brauchen keine Lohnpause, sondern allenfalls eine Expertenpause.“
IG-Metall-Vorstandsmitglied Helga Schwitzer sagte dem Blatt: „Gerade in der Krise ist Kaufkraft unverzichtbar, damit die Nachfrage Wachstumsimpulse geben kann.“
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte dagegen der Zeitung, in den Krisenbranchen bestehe kein Verteilungsspielraum. „Es kommt vielmehr darauf an, den Betrieben innerhalb der Tarifvereinbarungen weitere Gestaltungsspielräume zu eröffnen“, forderte Hundt. Es müsse nicht nur zwischen den Branchen, sondern auch zwischen einzelnen Betrieben differenziert werden.
Der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn, bezeichnete Nullrunden bei den Tarifverhandlungen als „Gift für die Wirtschaft“. Löhne seien nicht nur Kosten, sie kämen auch den Unternehmen zugute, weil die Arbeitnehmer dann mehr kaufen könnten, sagte er dem Blatt.
„Durch eine gesamtwirtschaftliche Lohnpause würde die Binnennachfrage noch weiter geschwächt und damit eine wichtige Stütze der Konjunktur beschädigt“, sagte Horn der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Krise sei nicht durch überhöhte Löhne entstanden, sondern durch „eine globale Nachfragekrise“.
Zugleich verteidigte Horn die Forderungen der Gewerkschaften nach spürbaren Einkommensverbesserungen für die Beschäftigten beim Bund und den Kommunen. Der Staat müsse entscheiden, ob er höhere Löhne zahlen oder neue Konjunkturprogramme auflegen wolle.
Der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel nannte es empörend, wenn nun Lohnzurückhaltung gefordert werde, weil Firmen mithilfe von Kurzarbeit Beschäftigung gesichert haben. Die Unternehmen hätten Personal gehalten, um für eine wirtschaftliche Erholung gewappnet zu sein, sagte Hickel der „Frankfurter Rundschau“.
Diese Unternehmensstrategie könne nicht als Argument für Lohnzurückhaltung benutzt werden. Der Spielraum für Lohnzuschläge liege bei bis zu drei Prozent.
Welt-Online