Praxistest Mitsubishi ASX Spirit 2.0 - 150-PS-SUV zum 115-PS-Polo-Preis
Von Rainer Ruthe - 01.09.2020
Dieses Mal beginnt der Praxistest ganz anders, und nicht nur deshalb, weil in Corona-Zeiten ohnehin vieles ganz anders ist. Sondern, weil dieser Anfang der Schlüssel zum Verständnis einer besonderen Modellpolitik ist. Auf seiner aktuellen Werksseite wirbt Mitsubishi mit dem Slogan „Immun gegen teuer“ und bietet gleichzeitig ein attraktives Sondermodell an. Der empfohlene Preis des ASX Spirit 2.0 ist geradezu sensationell: 20.948,24 Euro! Der krumme Preis ergibt sich aus der auf 16 Prozent abgesenkten Mehrwertsteuer. Eigentlich kostet der Basis-ASX 23.872,61 Euro, doch ein Aktionsrabatt ab Werk von 2924,37 Euro macht dieses Super-Sonderangebot möglich. Und hier kommt Mitsubishis clevere Politik ins Spiel: Normalerweise werden Sondermodelle nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum angeboten, um potentielle Käufer anzulocken, die dann möglicherweise teurere Autos kaufen. Mitsubishi indes hält das kundenfreundlicher: Den Aktionsrabatt auf die Sondermodelle Spirit und Spirit+ gibt es noch bis zum 31. Dezember 2020. Diese längerfristigen Aktionen praktizieren die Japaner immer wieder.
Und das Super-Angebot gilt für ein Kompakt-SUV von 4,37 Metern Länge, Platz für Vier samt Urlaubsgepäck, unverwüstlichem 150 PS-Vierzylinder-Saugbenziner mit zwei Liter Hubraum sowie einer Ausstattung, die fast schon als All-inklusive-Angebot gelten darf: sieben Airbags, Bi-LED-Hauptscheinwerfer. LED-Rückleuchten, Rückfahrkamera, 16-Zoll-Aluräder, Multifunktions-Lederlenkrad, zweistufige Sitzheizung vorn, Start-Stopp-System, Klimaautomatik inklusive Kühl- und Heizfunktion für das Handschuhfach, digitaler Radioempfang mit sechs Lautsprechern, TomTom-Navigationssystem mit 6,6-Zoll-Touchscrean, Einbindung von Smartphones mit Apple CarPlay sowie Android Auto und mit fünf Jahren Werksgarantie.
Jetzt vergleiche ich bewusst mal Äpfel mit Birnen, nur um dieses Angebot richtig einzuordnen: Ein Kleinwagen aus dem Hause „Volkswagen“, der Polo mit nur 115 PS starkem Turbo-Dreizylinder unter der Haube, kostet mit vergleichbarer Ausstattung, aber deutlich schlechterer Garantie 25.217,81 Euro – damit ist der Kleinwagen 4269,57 Euro teurer als das ausgewachsene SUV der Japaner! Und, sozusagen als Sahne-Häubchen obenauf, kommt noch hinzu, dass die Japaner eine umfassende Fünf-Jahres-Garantie bis 100.000 Kilometer bieten, die Niedersachsen lediglich ärmliche zwei Jahre Gewährleistung. Noch Fragen?
Und wer es ganz luxuriös beim ASX wünscht, der legt 3606,72 Euro drauf und bekommt dann statt des Sondermodells Spirit die Version Spirit +. Das ist die top ausgestattete All-Inklusive-Version, die am schwarz-glänzenden m Grill sowie den schwarzen 18-Zoll-Alurädern erkennbar ist (siehe Fotos des roten Modells).
Fragt man nach den Konkurrenten für den ASX, hört man oft Mazda CX-3 oder Opel Mokka X. Vielleicht noch Hyundai Kona oder VW T-Cross. Alles modernere Crossover und nicht von schlechten Eltern. Dagegen outet sich der ASX schon als Methusalem, denn er wird bereits seit zehn Jahren auf der gleichen Plattform gebaut.
Ist der ASX also noch auf der Höhe der Zeit?
Um das zu beurteilen, haben wir uns den ASX als Testwagen kommen lassen. Allerdings konnte Mitsubishi kein Basismodell liefern, sondern nur die Top-Version, wie das bei Testwagen eben in aller Regel so ist. Doch das ändert nichts Grundlegendes an den folgenden Testergebnissen. Die Mehrausstattung (Fahrerassistenzsysteme, 18-Zoll-Räder sowie Ledersitze) blenden wir aus beziehungsweise berücksichtigen wir. Antrieb und Fahrwerk sind ja ansonsten bei allen Modellversionen gleich.
Wir sind die Version mit dem 2,0-Liter-Motor und der Fünfgang-Handschaltung gefahren, für die sich rund 60 Prozent der ASX-Käufer entscheiden. Der „neue“ Motor ist ein alter Bekannter, denn er stammt aus dem großen Outlander, wo er seit acht Jahren zuverlässig seinen Dienst tut. Der überarbeitete Benzinmotor holt aus zwei Litern Hubraum 150 PS Leistung bei 6000 Touren und 195 Newtonmeter Drehmoment, das erst bei hohen 4.200 Umdrehungen pro Minute anliegt. Anstelle der bisherigen zwei oben liegenden Nockenwellen (DOHC) verfügt der überarbeitete Vierzylinder nun über eine kompaktere SOHC-Anordnung mit einer Nockenwelle, wodurch das Motorgewicht sinkt. Eine weitere Besonderheit ist die variable Ventilsteuerung MIVEC (Mitsubishi Innovative Valve Timing Electronic Control System).
Den Handschalter gibt es nur mit Vorderradantrieb. Das spart Geld. Exakt 1462,18 Euro kostet das stufenlose CVT-Getriebe, und noch mal 1852,11 Euro beträgt der Aufschlag für den elektronisch gesteuerten Allradantrieb, der mit dem neuen 150-PS-Benziner in den ASX nach zwei Jahren Pause zurückgekehrt ist. Macht unterm Strich 3314,29 Euro gespartes Geld.
Der Schalthebel ist ungewohnt lang, die Schaltwege sind es auch, doch dafür gleitet der Hebel ausreichend leichtgängig und präzise durch die Gassen. Nach ein paar hundert Kilometern hat man sich arrangiert und man kann damit ganz gut leben. Denn die Fahrleistungen gehen in Ordnung: In ordentlichen 10,2 Sekunden ist aus dem Stand Tempo 100 erreicht, wenn man es darauf anlegt. Und eine mögliche Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h ist auch nicht gerade von schlechten Eltern.
Und der Verbrauch? Mit durchschnittlich 6,7 Liter Super E10 pro 100 Kilometer für einen Crossover mit großer Stirnfläche und 1,45 Tonnen-Gewicht geht der reale Verbrauch über die insgesamt 1680 Kilometer lange Testfahrt in Ordnung, zumal die Klimaautomatik bei Außentemperaturen von über 33 Grad mächtig schuften musste, was bekanntlich den Spritverbrauch nach oben treibt. Und die breiten 225er 18-Zoll-Schlappen des Testwagens in der Top-Ausstattung sind auch nicht gerade förderlich für einen möglichst niedrigen Praxisverbrauch. Das Sondermodell Spirit fährt übrigens auf 16-Zoll-Alurädern, die sich günstiger auswirken auf Verbrauch und Komfort. Das sollte man im Hinterkopf haben. Insofern ist angesichts der aktuellen erschwerten Bedingungen der um 0,8 Liter geringere Praxisverbrauch gegenüber einem 140 Kilogramm schweren ASX mit Automatik und Allrad in einem früheren Praxistest (ohne damals schwer schuftende Klimaautomatik!) aller Ehren wert. Unter anderen Bedingungen dürfte es bei vorausschauender Fahrweise also noch gut ein halber Liter weniger werden. Mitsubishi gibt 6,5 Liter an, also liegt der Sauger auch hier nur 0,2 Liter darüber – das ist eine Besonderheit von gut gemachten Saugmotoren. Bei ihnen fällt die Abweichung zwischen Wunsch und Wirklichkeit viel geringer aus. Turbos saufen heftiger als Sauger, wenn sie gefordert werden. Auf der obligatorischen Sparrunde waren es übrigens nur 5,7 Liter; das gibt einen Extra-Smiley.
Mit dem großen Tank mit 63 Litern Fassungsvermögen werden Tankstopps also zur erfreulich raren Angelegenheit.
Der Zweiliter-Saugbenziner erfüllt die aktuelle Abgasnorm Euro 6d-TEMP-EVAP-ISC.
Was verbirgt sich hinter dieser komplizierten Bezeichnung? Klären wir das hier auf: Sie unterscheidet sich gegenüber früheren Euro 6-Normen dadurch, dass der tatsächliche Kraftstoffverbrauch auf der Straße ermittelt wird. Dafür wird ein Verbrauchsmessgerät in das Auto installiert, das bei Verbrennungsmotoren den Kraftstoff- und bei Elektrofahrzeugen den jeweiligen Energieverbrauch misst. Diese Abgas-Norm gilt ab September für alle Neuzulassungen, womit diese Autos auch im Fahralltag als recht sauber gelten können.