Deutsche von Werbeanrufen genervt
Telefonwerbung wird zur "Landplage"
In Deutschland gibt es immer mehr ungebetene Werbeanrufe.
Berlin (RPO). 86 Prozent der Bundesbürger fühlen sich durch unerbetene Telefonwerbung belästigt. Verbraucherschützer fordern jetzt die Regierung auf, gegen die "Landplage des 21- Jahrhunderts" rechtlich einzuschreiten.
Bei solchen Telefonaten angebahnte Verträge sollten künftig ohne schriftliche Bestätigung des Kunden ungültig sein, verlangte der Verbraucherzentrale Bundesverband am Freitag. vzbv-Chef Gerd Billen appellierte an Justizministerin Brigitte Zypries, bei der anstehenden Reform des Wettbewerbsrechts stärker durchzugreifen.
Billen nannte die Telefonwerbung "eine der größten Landplagen des 21. Jahrhunderts". Millionen Menschen würden täglich belästigt, geärgert und genötigt. Es sei grotesk, dass Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung zwar verboten seien, ein dabei geschlossener Vertrag aber gültig. "Das muss ein Ende haben", forderte er.
Bislang plane die Bundesregierung nur ein Verbot der Rufnummernunterdrückung und ein Bußgeld bei unerwünschten Werbeanrufen; das reiche aber nicht aus. Vielmehr müssten als "Gebot der Fairness" gegenüber dem überrumpelten Verbraucher Verträge hernach noch einmal schriftlich bestätigt werden müssen. Nur so könne "Schwarzen Schafen" der Branche der wirtschaftliche Anreiz genommen werden.
"Wenn ein Unternehmen damit rechnen muss, dass der Vertrag null und nichtig ist, lohnt sich das Geschäft vielleicht nicht mehr", sagte Ronny Jahn, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Berlin. Auch die Einwilligung, oft im Kleingedruckten von Gewinnspielen versteckt, muss nach Ansicht der Verbraucherschützer genauer geklärt werden. Vielen, die bei solchen Spielen mitmachten, sei nicht bewusst, dass sie damit einen "Freifahrtschein für Telefonterror" ausstellten.
2006 rund 300 Millionen Werbeanrufe in Deutschland
Und die Flut der Anrufe schwillt zunehmend an: Wie der zuletzt in einem Call Center tätige Enthüllungsautor Günter Wallraff berichtete, gab es laut Gesellschaft für Konsumforschung 2006 rund 300 Millionen unaufgeforderter Werbeanrufe, 30 Prozent mehr als im Jahr davor.
Die Verbraucherzentralen würden "regelmäßig überschüttet" mit Beschwerden, berichtete Jahn. Tausende klagten, dass sie allenfalls Informationsmaterial angefordert und dennoch eine "Vertragsbestätigung" erhalten hätten.
Einer vom vzbv vorgestellten repräsentativen forsa-Umfrage zufolge fühlen sich 86 Prozent der Bevölkerung durch unerbetene Werbeanrufe belästigt. 64 Prozent haben in den letzten Monaten solche Anrufe erhalten. Dahinter stehen am häufigsten Telefon- und Internetanbieter, gefolgt von Lotto- und Gewinnspielfirmen.
98 Prozent der Befragten unterstützten die Forderung nach Unwirksamkeit der Verträge, sofern sie nicht schriftlich bestätigt wurden. Auch Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) und der Vorsitzende der Verbraucherministerkonferenz der Länder, Peter Hauk aus Baden-Württemberg, seien dafür, berichtete Billen. Justizministerin Zypries (SPD) habe ihm bei einem Gespräch zugesagt, den Vorschlag noch einmal zu prüfen.
RP Online