Der Ruf nach einer Regulierung der TV-Kabelnetze wird lauter. Nun fordert auch die Deutsche Telekom, Netzbetreiber wie Kabel Deutschland mit in die Regulierung zu nehmen. Die Netzagentur hingegen sieht die Zeit dafür noch lange nicht gekommen.
„Kabelnetzbetreiber haben die breitbandige Verkabelung in den Häusern, auf die Wettbewerber auch Zugriff haben sollten“, sagte Telekom-Chef René Obermann in Berlin. Obermann forderte einen diskriminierungsfreien Zugang. „Es wäre unlogisch, das in der regulatorischen Debatte nicht zu berücksichtigen.“
Damit wird der Druck auf die TV-Kabelnetze und den Regulierer größer. Bereits vor Monaten hatte die United-Internet-Tochter 1&1 eine ähnliche Forderung aufgestellt. „Im Sinne der Verbraucher sollte es Wettbewerb auch auf den TV-Kabelnetzen geben“, sagte 1&1-Chef Robert Hoffmann und wollte sich bei der Bundesnetzagentur dafür einsetzen.
Die Netzagentur hingegen sieht die Zeit für eine Regulierung der TV-Kabelnetzbetreiber noch nicht gekommen. Ein Breitbandmarktanteil von zehn Prozent mache ein Handeln nicht notwendig, sagt der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth. Von den bundesweit mehr als 25 Mio. Breitbandanschlüssen sind weniger als 2,7 Mio. TV-Kabelnetzzugänge.
Im Breitband-Neukundenmarkt ist das Gewicht der Kabelnetzbetreiber deutlich größer. In vielen Regionen sind sie bereits die größten Wettbewerber der Deutschen Telekom. Mehr als jeder dritte Neukunde entscheidet sich dort für das Fernsehkabel. Häufig bieten die Betreiber höhere Internet-Geschwindigkeiten zu geringeren Preisen an als die DSL-Konkurrenz. Kabel Baden-Württemberg schaltet bereits Anschlüsse mit einer Geschwindigkeit von 100 Megabit pro Sekunde. Auch Kabel Deutschland (KDG) hat am Montag mit 100 Megabit pro Sekunde in Hamburg gestartet. Die Telekom erreicht mit ihren schnellsten VDSL-Anschlüssen gerade einmal die Hälfte davon.
Da die TV-Kabelnetze bis in die Haushalte hineinreichen, verfügen sie auch über die letzte Meile. Telekom-Konkurrenten wie Vodafone oder auch Telefónica müssen diese letzten Meter der Telefonleitung meist von der Telekom anmieten und damit – anders als Kabelnetzbetreiber – einen großen Teil ihrer Einnahmen an das Bonner Unternehmen weiterleiten.
Bislang sind die TV-Kabelnetzbetreiber bei ihren Telekommunikationsangeboten frei von Regulierung. Nur die diskriminierungsfreie Einspeisung von TV-Sendern in ihre Netze ist reguliert. Inzwischen haben sie jedoch ihre Infrastrukturen weitestgehend modernisiert, so dass über die TV-Netze auch telefoniert und im Internet gesurft werden kann. Während das Wachstum bei reinen Fernsehangeboten beschränkt ist, können Kabelnetzbetreiber mit Internet- und Telefonangeboten den Telekom-Gesellschaften Kunden abwerben.
Hintergrund des neuen Vorstoßes der Telekom ist insbesondere auch die Verkabelung in den Häusern. Hier haben die Kabelgesellschaften zwei Vorteile. Zum einen können sie Daten schneller transportieren als die Kupferleitungen der Telekom. Zum anderen haben sie mit den Wohnungsgesellschaften Verträge abgeschlossen, die häufig eine Laufzeit von deutlich mehr als zehn Jahren haben. Sollte die Telekom nun Glasfaser in die Häuser verlegen, stößt sie mit ihren Kupferleitungen in die Wohnungen schnell an ihre Grenzen. Dass dies bald der Fall sein wird, weiß auch Telekom-Chef Obermann. Er spricht bereits von einer „Gigabit-Gesellschaft“, auf die sich Deutschland zu bewege.