Autobauer setzen auf den Trend zu innerer Größe

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  • Das Motto vom Gesundschrumpfen wird derzeit in der Autoindustrie groß geschrieben. Es gilt nicht nur für Produktionskapazitäten oder Hubräume, sondern auch für die Fahrzeuge selbst. Die Entwickler sind herausgefordert: Trotz geringeren Außenmaßen soll es innen mehr luftiger werden.


    „Downsizing“, verkleinern, ist der bestimmende Trend in der Autoindustrie. Doch die Idee vom Gesundschrumpfen gilt nicht nur für Hubräume und Produktionskapazitäten, sondern auch für die Fahrzeuge selbst. Wurden Autos früher mit jedem Generationswechsel größer, sparen die Entwickler nun bisweilen sogar ein paar Zentimeter ein. Dennoch bieten sie oft mehr Platz.


    „Immer mehr Fahrzeughersteller haben für sich die Raumökonomie entdeckt“, sagt der Design-Professor Lutz Fügener von der FH Pforzheim mit Blick auf innovative Detaillösungen, mit denen die Freiheiten für Köpfe, Knie und Schultern wachsen.


    „Der einfachste Trick ist die Höhe“, erläutert Fügener. Das Gesetz definiere nur die Breite eines Fahrzeugs. Die Länge sei mit dem Segment vorgegeben. „Aber nach oben haben die Hersteller alle Freiheiten.“ Das werde weidlich ausgenutzt – nicht umsonst bieten Autos wie der VW Golf Plus, der Peugeot 3008 oder der Opel Agila reichlich Kopffreiheit. Die kann man zwar kaum nutzen, doch vermittelt das ein Gefühl von Weite und Größe für die ganze Familie.


    Allerdings habe diese Entwicklung auch einen Nachteil, mahnt Fügener: „Mit der Höhe wächst die Stirnfläche, das steigert den Luftwiderstand und erhöht so den Verbrauch.“ Deshalb lassen sich die Fahrzeughersteller immer neue Tricks einfallen, um im Innenraum Platz zu gewinnen, ohne dass der Wagen größer wird. So bekommt etwa der nächste Astra laut Opel-Chef Hans Demant zwei auffällige Beulen in der Dachverkleidung über der Rückbank, damit auch hoch aufgeschossene Familienmitglieder besser sitzen können.


    Viel Raumgewinn erwartet Lutz Fügener auch von neuen Konstruktionen vieler Bauteile. So benötige das Armaturenbrett derzeit unter anderem deshalb so viel Platz, weil darin so viele Leitungen für die Klimaanlage verlegt werden müssen. Außerdem tragen deren oft in die Türen gewanderten Ausströmer zusätzlich auf. „Wenn wir solche Systeme vereinfachen und verlegen können, geht es im Auto viel luftiger zu“, sagt der Experte mit Blick etwa auf die Citroën-Studie Cactus, in der das gesamte Luftsystem im Mitteltunnel integriert ist.


    Ebenfalls viel Platz sei bei den Sitzen zu sparen. Sie müssten zwar stabil und bequem sein und die Seiten-Airbags aufnehmen, räumt der Design-Experte ein. „Doch jeden Zentimeter, den man hier bei der Dicke spart, gewinnt man im Fond in der Beinfreiheit.“ Deshalb würden die Sitze zunehmend dünner. Dass dies nicht von heute auf morgen geschieht, liegt vor allem am Preis: „Die Sitzanlage ist mittlerweile eine der teuersten Komponenten im Auto“, klagt Opel-Entwickler Andrew Leuchtmann. Zwischen acht und zwölf Prozent mache sie am Wert des Wagens aus – Motor und Getriebe sind da oft billiger. Aber nicht nur mit schlanken Sitzlehnen kann man Platz gewinnen. Auch bei der Befestigung gibt es noch Spielraum.


    „Deshalb haben wir die Sitze zum Beispiel in der Studie iosis-Max nicht auf dem Boden, sondern im Mitteltunnel verankert“, sagt Ford-Sprecher Hartwig Petersen in Köln. Der Vorteil: Jetzt können die Fahrgäste im Fond ungehindert ihre Füße nach vorn strecken und fühlen sich nicht mehr so beengt wie in anderen Fahrzeugen. Der wichtigste Faktor für das Raumangebot sei allerdings die Variabilität, sagt Fügener: „Die Kunst ist es, den vorhandenen Platz situationsgerecht zu verteilen. Denn voll besetzt und voll beladen sind die Autos doch nur in Ausnahmefällen.“


    Deshalb war für ihn die verschiebbare Rückbank im ersten Renault Twingo eine kleine Sensation. Und dass der fünfte Platz im Wagen immer häufiger wegfällt oder zumindest zu einem Notsitz degradiert wird, passt für ihn ebenfalls ins Bild: „Warum sollen sich im Fond zwei einschränken für einen Dritten, der ohnehin fast nie dabei ist?“ Dass es dabei vor allem die Kleinwagen sind, die zu Vorreitern für Flexibilität und Raumökonomie geworden sind, ist für Fügener kein Wunder: „Bei einer Luxuslimousine gibt es Platz im Überfluss. Doch erfinderisch werden die Entwickler immer dann, wenn sie sparen müssen.“


    Demnächst könnten die Freiheitsgrade noch einmal wachsen. Wenn bald immer mehr Autos auf Elektroantrieb umgestellt werden, braucht man für den Motor weniger Platz, die Batterie passt in den Wagenboden und wenn dann wie zuletzt bei Studien von Mitsubishi auch noch Radnaben-Motoren zum Einsatz kommen, steht irgendwann tatsächlich die ganze Fahrzeugfläche für Kind und Kegel zur Verfügung.



    Welt Online