Es ist keine zwei Jahre her, dass der Anteil der Dieselfahrzeuge bei Pkw-Neuzulassungen in Deutschland einen historischen Höchststand erreichte: Im November 2007 griff jeder zweite Käufer zu einem Auto mit Dieselmotor. Doch nun ist der Boom vorüber – so wenig Diesel wie jetzt wurden seit zehn Jahren nicht verkauft.
Denn die Deutschen kaufen laut einer Studie immer weniger Diesel-Autos. Im März seien nur noch rund 28 Prozent aller Neuwagen mit einem Diesel-Motor verkauft worden, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen. Dies sei der niedrigste Stand seit dem Jahr 1999.
Hauptgrund des Rückgangs sei die Abwrackprämie und damit verbunden die starke Nachfrage der Deutschen nach Kleinwagen – die sind nämlich zumeist Benziner. Zudem sei das Interesse an Autos aus dem Ausland gewachsen, die in aller Regel mit Benzin-Motoren ausgestattet seien, sagt Dudenhöffer. Er macht zudem die Weiterentwicklung der Benziner für die Diesel-Schwäche verantwortlich: „Die immer höhere Effizienz bei den Motoren von Benzinern, die Einführung von Umweltzonen und die zeitweise weitgehend identischen Preise von Benzin und Diesel-Kraftstoff haben Diesel-Autos kräftig Marktanteile gekostet.“
Ford Deutschland bestätigt den Trend: „Wir haben in den ersten vier Monaten dieses Jahres bei allen Fahrzeugen einschließlich den Nutzfahrzeugen zehn Prozent weniger Modelle mit Dieselmotoren abgesetzt, als im Vorjahreszeitraum“, sagt ein Sprecher. Eine Ausnahme sei lediglich der Fiesta, dort gebe es ein leichtes Plus bei Diesel-Motoren. Auch bei Volkswagen heißt es: „Aktuell verkaufen wir in Deutschland weniger Autos mit Diesel-Motoren, das gilt vor allem für kleinere Modelle.“ Weniger deutlich ist die Entwicklung beim Premiumhersteller BMW: Im Jahr 2007 lieferten die Münchener 63 Prozent aller in Deutschland verkauften Autos mit Diesel-Motor aus, im vergangenen Jahre waren es 61 Prozent. Beim Mini ist der Anteil der Diesel-Motoren 2008 dagegen gestiegen. „Das hohe Niveau von Diesel-Autos sinkt zwar leicht, aber es ist zu früh für eine weitreichende Aussage“, so ein BMW-Sprecher.
Im November 2007 war nach Angaben von Automobilwissenschaftler Dudenhöffer noch jeder zweite in Deutschland verkaufte Neuwagen ein Diesel. „Doch daran wird der Diesel nicht mehr anknüpfen können, seine Hochzeit ist vorbei“, prophezeit er. In Zukunft dürften schärfere Abgas-Vorschriften, die in den kommenden Jahren in Kraft treten, für eine weitere Kaufzurückhaltung bei Diesel-Autos sorgen. Durch strengere Normen wie etwa für den Stickoxid-Ausstoß werde die Produktion von Diesel-Fahrzeugen teurer, weswegen auch die Preise bei den Händlern anzögen.
Zudem würden neue Technologien wie Hybrid- oder Elektro-Antriebe Diesel-Autos weiter verdrängen. Hinzu komme, dass sich das Fahrverhalten der Deutschen ändere: „Die Autofahrer legen immer kürzere Strecken mit ihren Autos zurück. Diesel-Autos dagegen eignen sich eher für Fahrer, die meist längere Strecken unterwegs sind“, sagte Dudenhöffer.
Für die deutsche Autoindustrie sei der Trend problematisch, erklärt er. Diesel sei eine „Kerntechnologie der deutschen Autobauer“. Durch die schwindende Nachfrage in Deutschland werde „auch die Position der deutschen Autobauer im Weltmarkt geschwächt.“ Noch stärker als die Autokonzerne selbst jedoch werde der Rückgang die Zulieferindustrie mit Firmen wie Bosch oder Continental treffen, sagt Dudenhöffer.
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