Digitales Erbe
Wer erbt meine Daten?
Die Uhr geht an den Neffen, das Haus an die Kinder und das Auto soll verkauft werden, um das Geld
einer gemeinnützigen Organisation zu spenden. So weit so einfach. Zumindest, wenn Menschen ihr
Testament gemacht haben. Aber auch, wenn das nicht der Fall ist, sieht das deutsche Erbrecht ziemlich
genau vor, wem was zusteht – solange von materiellen Werten die Rede ist.
Nicht ganz so eindeutig sieht es mit dem digitalen Erbe aus. Wem gehören welche Daten und wer darf
welche Accounts einsehen, Fotos aus Cloud runterladen oder Zugriff auf persönliche Mails bekommen?
Internetpersönlichkeit geht an die Erben über
Stirbt jemand und das Erbe wird nicht ausgeschlagen, geht die sogenannte Internetpersönlichkeit an den
oder die Erben über. Dazu gehören sowohl Rechte als auch Pflichten. Wurden kurz vor dem Tod noch
Verträge geschlossen, zum Beispiel Dinge im Internet verkauft, muss der Erbe für die Abwicklung des
Verkaufs sorgen, im Zweifel also zum Beispiel den verkauften Gegenstand zur Post bringen.
Logins sind normale Verträge
Manuel Kahlisch, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen, sieht vor allem bei Logins für zum Beispiel
Streaming-Dienste, Internetbanking oder dem Stromanbieter genügend rechtliche Regelung: "Diese Zugänge
sind ein Vertrag, so wie auch im echten Leben." Grundsätzlich seien dort also alle Vereinbarungen durch die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt.
Schwieriger ist es bei Social-Media-Accounts, denn die werden oft zur Kommunikation mit Dritten genutzt.
Das führt dazu, dass hier das Erbrecht und das Telekommunikationsgeheimnis aufeinanderprallen. Denn
jede Konversation gehört im Kern denjenigen, die sie geführt haben. Erben haben da in der Regel keinen
Anspruch darauf. Rechtlich war dies aber bisher nicht vollends geklärt.
Kahlisch sagt: "Im Endeffekt reden wir hier also meistens von einem faktischen Problem, sich Zugang zu ver-
schaffen – schlicht und ergreifend, weil die Erben das Passwort nicht kennen." Die lassen sich im Zweifel aber
besorgen: Bei den meisten Anbietern kann man mit Hilfe des Erbscheins die Zugangsdaten erhalten.
Gravierender ist das Problem, wenn die Erben gar nicht wissen, wo der Verstorbene überhaupt Accounts
abgeschlossen hat.
Digitales Erbe wird in Zukunft genauso wichtig wie materielles
Ein machbarer Weg ist es, seinen Erben einen USB-Stick zu vererben, auf dem die wichtigen Internet-Zugänge
und -Konten zusammengefasst sind. Kahlisch rät, den Stick bis zum eigenen Tod zu behalten, um regelmäßig
die Passwörter aktualisieren zu können. Die darauf gespeicherten Daten könne man mit einem Masterpasswort
verschlüsseln, das man seinem Notar übergibt. So sind die Daten vor Zugriffen Dritter gesichert. Eine andere
Möglichkeit ist es, das Passwort zu verschriftlichen und in einem Bankschließfach zu hinterlegen. Was ist mit
Facebook?
Bei Facebook wird, sobald das Unternehmen vom Tod eines Nutzers erfährt, das Profil in den sogenannten
Gedenkmodus versetzt. Das hat zur Folge, dass das Nutzerprofil zwar noch Nachrichten empfangen kann,
je nach Einstellung können andere auch noch Inhalte auf die Pinnwand posten. Das Einloggen selbst ist aber
nicht mehr möglich.
Seit einiger Zeit bietet Facebook aber an, dass in den Nutzereinstellungen eine Kontaktperson hinterlegt werden
kann. Die ist dazu berechtigt, auch nachdem das Profil in den Gedenkmodus versetzt wurde, zumindest einge-
schränkt Änderungen vorzunehmen. Außerdem haben Nutzer zu Lebzeiten bei Facebook die Möglichkeit, hinter-
legen zu lassen, dass der Account mit dem eigenen Ableben gelöscht wird.
Katja Henschler, Referatsleiterin für Digitales bei der Verbraucherzentrale Sachsen, empfindet das Interesse
der Gesellschaft als viel zu gering. "Momentan ist das ganze eher ein Thema für Eltern, die Angst haben, dass
eines ihrer Kinder sterben könnte und dann alle Erinnerungen wie Fotos verloren gehen könnten", beobachtet sie.
Laut der Juristin ist die Vorsorge aber gar nicht so kompliziert. Sie und ihre Kollegen arbeiten gerade an einer
Vorlage für eine digitale Vorsorgevollmacht: "Die muss man dann nur ausfüllen. Dazu braucht man nicht einmal
zum Notar zu gehen!"
Noch sei die Sensibilität bei vielen, sich um die eigenen Daten nach dem Tod zu kümmern, nicht sonderlich
ausgeprägt. Weil sich aber das Leben und Wirken vieler Menschen immer mehr in die virtuelle Welt übertrage,
hoffen Experten wie Kahlisch und Henschler, dass sich auch das Bewusstsein für diesen Teil des eigenen
Vermächtnisses in der Bevölkerung durchsetze.
Quelle : https://www.mdr.de/nachrichten…d-digitales-erbe-100.html