Mysteriöser Erdimpuls alle 26 Sekunden

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  • Alle 26 Sekunden pulsiert die Erde

    Seit über 60 Jahren beschäftigt die Forschung ein merkwürdiges Phänomen: Im exakten Abstand von 26 Sekunden messen globale Stationen ein Pulsieren in der Erde.

    Im Jahr 2020 bewegte unser Zahlen, bitte! – Artikel zum mysteriösen Erdpuls die Leser: Er wurde viel gelesen und rege im heiseforum diskutiert. Daher haben wir ihn auf den neuesten Stand gebracht und veröffentlichen ihn als Zahlen, bitte! Classic neu. Viel Spaß beim Lesen!

    Seit über 60 Jahren lässt dieses Naturphänomen Forscherinnen und Forscher auf der ganzen Welt rätseln: Alle 26 Sekunden ist ein Impuls messbar, der vom Menschen nicht wahrnehmbar ist, aber mit empfindlichen seismologischen Geräten um den ganzen Erdball aufgezeichnet wird. Die Ursache ist bis heute unklar.

    Erstmals im größeren Rahmen wurde die seismologische Erscheinung Anfang der 1960er-Jahre untersucht. Der amerikanische Geologe John Ertle "Jack" Oliver veröffentlichte 1962 im seismologischen Fachmagazin Bulletin of the Seismological Society of America (BSSA) den Artikel "A Worldwide Storm of Microseims With Periods Of About 27 Seconds"[PDF], indem er die Ergebnisse seiner Forschung zu den Mikrobeben präsentierte.

    Mikrobeben im 26-Sekunden-Intervall

    Die Beben erschienen in einem Intervall zwischen im Schnitt 26 und 27 Sekunden und Oliver lokalisierte das Epizentrum im Golf von Guinea. Insgesamt wurden die Beben im Zeitraum zwischen dem 6. und 7. Juni 1961 erforscht und dabei in 16 von 18 Forschungsstationen über den gesamten Erdball hinweg gemessen. Den stärksten Ausschlag verglich er mit der Explosion von etwa 600 Tonnen TNT. Die Stärke schwankte mit der Zeit; Oliver fand zudem heraus, dass in den Wintermonaten der Süd-Halbkugel der periodische Impuls am stärksten war. Bis heute sind die Impulse messbar.

    Dabei sind Mikrobeben erst einmal nichts Besonderes. In Deutschland bebt die Erde bis zu 8000-mal am Tag, ohne dass jemand außerhalb der seismologischen Forschung davon Kenntnis erlangt. Die Beben sind so schwach, dass sie vom Menschen nicht wahrnehmbar sind.

    Im Jahr 2020 verbesserte die Corona-Krise die Erforschung sogar, da sich durch die Ausgangsbeschränkungen die Alltags-Störquellen verringerten, die sonst diese Beben leicht überlagern.


    Golf_von_Guinea-4ef22ac6ea6a8577.jpg

    Beben als Monitor der Bodenbeschaffenheit

    Die Erkenntnisse daraus sind für die geologische Forschung hilfreich – in feuchtem Gestein können Flüssigkeiten und Gase für die Spannungsbedingungen verantwortlich sein. Daher lassen sich über die gemessenen Mikrobeben mehr Erkenntnisse über die Beschaffenheit des Gesteins gewinnen.

    Der Unterschied zwischen diesen unregelmäßigen Beben und dem Phänomen vor Westafrika ist eben die exakte Periodizität. Und das macht es für die Forscherinnen und Forscher so schwer, die Quelle dieses Phänomens zu lokalisieren. Und Jack Oliver war durch die technischen Möglichkeiten eingeschränkt, die seine Zeit bot; er konnte daher nur spekulieren.

    Hypothesen zwischen Wellenschlag und magnetischer Aktivität

    Die Haupthypothese war, dass die Mikrobeben durch Wellen erzeugt wurden, die auf die Küste im Golf von Guinea prallen. Eine zweite Vermutung, dass magnetische Aktivität unter dem Südatlantik die Beben verursache.

    Im August 2006 wurde in der Fachzeitschrift Geophysical Research Letters ein Artikel veröffentlicht[PDF], in der die Forscher den Ursprungsort für den periodischen Impuls (0,038 Hz) genauer eingegrenzten. Sowohl in der Bucht von Bonny, im Golf von Guinea als auch in der antipodischen pazifischen Region östlich von Papua-Neuguinea wurden die Mikrobeben nachgewiesen.

    Ein chinesisches Forscherteam veröffentliche 2013 im Geophysical Journal International einen weiteren Fachartikel[PDF] zu dem Phänomen. Sie entdeckten einen zweiten periodischen Impuls (0,036 Hz). Während sie als Ursprung des bekannten Impulses aufgrund der örtlichen Nähe den Sao-Tome-Vulkan als Quelle vermuten, bleibt die mögliche Ursache der neu entdeckte Quelle im Dunkeln. Die Forscher vermuten auch dort vulkanische Aktivität.

    Neue Erkenntnisse in der Forschung

    Dr. Charlotte Bruland und Prof. Céline Hadziioannou vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg erforschten 2023 die 26-Sekunden-Töne[PDF]. Für sie klinge es, als erzeuge eine 10 Kilometer große Klarinette die Töne, welche tief in der Erde vergraben sei. Dabei sind neue Fragen entstanden: So fanden die Forscherinnen einen weiteren Ton, der unregelmäßig auftaucht und linear ansteigt und dessen Herkunft ebenfalls ungeklärt ist. Möglicherweise handelt es sich um den gleichen Impuls, den die chinesischen Forscher entdeckten. Über die Ursache des 26-Sekunden-Phänomens vermutet Hadziioannou gegenüber der Website der Universität, „dass regelmäßig aus dem Erdinneren austretendes Gas durch eine Art vulkanischen Gang und dann durch kleinere Risse gepresst wird. Dadurch könnte das Signal entstehen.“

    Wie dem auch sei – gesichert ist der Ursprung dieses faszinierenden Naturphänomens jedenfalls nicht. Somit bleibt die Forschungsfrage spannend; wobei – eine weitere originelle Theorie liefert Geek-Comic-Autor Randall Munroe in seinen xkcd-Comic "26-Second Pulse". Mikrobeben als Puls eines Giganten – die Erforschung bleibt spannend! (mawi)


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