Leider warte ich immer noch auf die Rückmeldung von der Versicherung. Die Delle ist also immer noch da.
Da ich den Mazda aber nun durchaus noch eine Weile fahren werde, habe ich jetzt eine andere Aktion gestartet, wo ich schon länger dran überlegt habe. Das war sogar schon mal beim Galant auf dem Plan, wurde aber dann nie gemacht.
Und zwar eine individuelle Einstellung der Achsgeometrie. Also nicht einfach Herstellervorgaben einstellen, sondern im Hinblick darauf, das Fahrverhalten zu verbessern.
Da stellt sich natürlich die Frage, wer sowas überhaupt macht. Die Werkstatt nebenan jedenfalls nicht.
Nun hatte ich schon vor längerer Zeit das Buch "Fahrdynamik in Perfektion" von Wolfgang Weber gelesen. Wolfgang ist Rennfahrer und Fahrwerksspezialist. Irgendwann habe ich ihm dann einfach mal eine Mail geschrieben. Denn warum sollte man zu irgendwem gehen, wenn man schon einen echten Spezialisten weiß.
Der Besuch bei Wolfgang war ein Erlebnis, das ich Euch nicht vorenthalten möchte. Insbesondere war es Erkenntnisreich.
Meine spezifischen Punkte beim Mazda waren folgende:
- vergleichsweise unruhiger Geradeauslauf (besonders bei höheren Geschwindigkeiten)
- diffuses Einlenkverhalten, wenig zielgenau
Das hatte ich Wolfgang auch so geschrieben. Er wollte dann wissen, was sich alles einstellen lässt. Leider geht nur die Spur vorne und hinten. Er meinte dann, ob ich am 01.06. Zeit hätte mal vorbei zu kommen. Gesagt, getan. Also bin ich vorgestern 450 km nach Vilshofen gefahren.
Bei Wolfgang angekommen deutete erstmal nichts auf Motorsport hin, außer einem Firmenschild mit WW-Motorsport. Aber Wolfgang kam schon aus der Werkstatt und begrüßte mich.
Er fuhr mein Auto dann direkt auf die Bühne, was mich etwas wunderte. Ich hatte erwartet, das er erstmal eine Probefahrt macht, um den Ist-Zustand festzustellen.
In der Werkstatt legte er dann erstmal an den Reifen die Hand auf. Natürlich hab ich gefragt warum und insbesondere warum er nicht fährt. Sein Kommentar dazu: Die Reifen sagen ihm alles darüber, wie das Fahrzeug auf der Straße rollt. Wenn er fährt, dann sind schon wieder zig Gummilager und Gelenke usw. dazwischen, die den Eindruck verfälschen.
Direkte Feststellung nach Handauflegen (O-Ton): Die Hinterachse hat pervers Vorspur. Das Ding kann keine Kurve fahren.
OK, dann fingen die Messungen an. Dabei die nächste Feststellung: Kein High-Tech. Gemessen wird mit einfachen Punktlasern an den Rädern. Dazu Zollstock und Schiebelehren. Das wars. Also alles manuell.
Kommentar Wolfgang dazu: Wenn man weiß was man tut, dann ist man damit mindestens so genau, wie mir aktuellem High-Tech das ein Haufen Geld kostet.
Die Messung bestätigte, das die Hinterachse recht satt Vorspur hat.
Zum Thema Kurven fahren die Erklärung seitens Wolfgang dazu:
Wenn man Einlenkte, dann schwenkt das Heck leicht aus. Was jetzt noch nichts mit Drift oder ausbrechendem Heck zu tun hat. Es ist einfach normale Fahrphysik. Das Fahrzeug dreht sich quasi leicht in die Kurve ein. Die Vorspur an der Hinterachse verhindert genau das, wodurch das Heck beim Lenken nicht mehr mithilft. Dadurch fährt er schlecht kurven und fängt an über die Vorderachse zu schieben. Letztlich ist ja genau das Verhalten von den Herstellern erwünscht. Wenn man sportlicher Fahren will natürlich genau nicht.
Kurzum, die Spur hinten wurde auf nur noch 1 Minute Vorspur pro Seite verstellt. Also fast keine Vorspur hinten.
Dann kam die Vorderachse.
Zu unserem Entsetzen war die auf leichte Nachspur gestellt. Wolfgang meinte, es kann sein, das es original mal 0-Spur war und durch das Setzen des Fahrwerks ist dann Nachspur daraus geworden. Wie auch immer, Nachspur geht gar nicht.
Wolfgang meinte sofort, das das das diffuse Einlenkverhalten erkärt und auch die Unruhe im Geradeauslauf.
Beim Einlenken gibt man eine Richtung vor. Das Fahrzeug beginnt in diese Richtung zu fahren und verlagert gleichzeitig das Gewicht auf das kurvenäußere Rad. Das steht durch die Nachspur aber etwas mehr geradeaus als die eigentliche Richtungsvorgabe war. Dadurch fährt das Fahrzeug dann auf einmal wieder geradeaus anstatt in die Kurve. Man muss korrigieren.
Zum Thema Unruhe: Das hatte speziell mit der Kombination aus Nachspur vorne und Vorspur hinten zu tun. Dadurch wollen die rechten Räder ja praktisch immer eine Rechtskurve fahren und die linken Räder eine Linkskurve. Nun kommen beim Fahren von Unebenheiten ja ständig Impulse ins Fahrwerk. Und durch die Radstellung reagiert er auf diese Impulse empfindlich. Das ergibt dann sein ein merkwürdiges Eigenlenken. Er fährt nie ruhig geradeaus.
Vorne wurde dann auf 5 Minuten pro Rad Vorspur eingestellt.
Danach ist Wolfgang erstmal eine Proberunde gefahren. Ich auf dem Beifahrersitz. Nun ja, in den ersten Kurven krampfte es schon mal ein wenig. Aber man merkt schnell, das da ein Profi am Steuer sitzt. Schön war, das Wolfgang immer vorher gesagt hat, was er gerade probieren möchte.
Also: Da vorne kommt eine lange rechts mit einer Welle. Die nehmen wir jetzt mal schnell, um zu sehen wie er auf die Welle regiert.
Oder: Die nächste nehmen wir voll am Gas. Mal sehen wie er darauf reagiert.
Man wußte zum einen was als nächstes kommt. Zum anderen war so auch immer klar, worauf er gerade besonders achtet. Das war schon interessant.
Wolfgang war dann mit der Einstellung recht zufrieden. Er meinte, für die Größe und noch mit Kombiheck macht er das schon richtig gut. Kein übermäßiges Untersteuern, trotzdem gutmütig kontrollierbar. Nach der Einstellung auch ordentlicher Geradeauslauf, selbst über Unebenheiten keine großartigen Störeinflüsse.
Danach konnte ich dann mal alleine eine Runde drehen. Ich muss zugeben, das ich vor Ort gar nicht so recht in der Lage war, das Fahrverhalten zu beurteilen. Klar, Geradeauslauf und so merkt man. Aber Kurvenverhalten fiel mir schwer, weil ich dort ja auch keine Strecke kannte. Ich habe mich da letztlich auf Wolfgangs Urteil verlassen.
Die ganze Aktion hat ca. 1,5 Stunden gedauert.
Die Rückfahrt auf der Autobahn war dann schonmal sehr interessant. Das Ding liegt wie ein anderes Auto. In schnellen Autobahnkurven machte sich bisher immer schon ein leicht unsicheres Gefühl breit. Bei gleichem Fahrstil fühlt er sich jetzt völlig souverän an. Er liegt einfach und fühlt sich absolut sicher an.
Noch deutlicher wurde das Thema Geradeauslauf in Baustellen. Bisher habe ich immer ungerne in Baustellen LKW überholt. Durch die ständige leichte Unruhe war es schwer sauber die Spur zu halten. Jedenfalls war es anstrengend, weil man praktisch ständig am Korrigieren war. Jetzt fühlt sich das komplett anders an. Er rollt einfach alleine geradeaus. Da muss man nicht mehr großartig korrigieren usw.
Zu Hause konnte ich dann auch ein paar bekannte Kurven probieren. Erste Erkenntnis: Das bekannte Tempo ist jetzt nicht mehr schnell. Man kann immer nochmal eine ganze Ecke drauf legen.
Zweite Erkenntnis: Ich habe immer gedacht, meine Bridgestone sind einfach Holzreifen. Dem ist nicht so. Die Dinger können plötzlich viel mehr Grip aufbauen und funktionieren jetzt einfach.
Ich bin gestern praktisch ständig mit laut um Gnade winselnden Reifen um Kurven gefahren. Das war bisher gar nicht möglich. Bisher fing er an kräfig zu Untersteuern bevor von den Reifen irgendwas zu hören war. Jetzt kommt er kaum noch ins Untersteuern. Er ist eher neutral.
Einlenken ist jetzt ein völlig neues Thema.
Vorher war das eher folgender Ablauf: Einlenken --> warten wo er hin fährt --> korrigieren --> Kurve fahren
Jetzt ist es: Einlenken --> Kurve fahren
Keine Korrektur mehr nötig. Die vorgegebene Richtung wird auch genau so gefahren.
Daraus ergibt sich gerade natürlich ein komplett neues Fahrgefühl.
Jedenfalls finde ich, das sich die Abstimmung voll gelohnt hat, auch wenn die Einstellmöglichkeiten sehr eingeschränkt sind.
Mit den Bremsen muss ich auch etwas machen. Leider ist inzwischen die vordere Bremse krumm. Rubbelt ohne Ende und inzwischen geht es auch nicht mehr weg.
Ich könnte jetzt was auf Garantie machen lassen.
Ich bin allerdings am Überlegen rundum auf EBC Turbo Groove mit Yellow Stuff umzusteigen.