Fahrschul-Monopol soll aufgelöst werden !

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  • Es geht um Hunderte Millionen Euro
    Dekra und TÜV fürchten vor Konkurrenz


    Bislang haben TÜV und Dekra ein lukratives Millionen-Monopol darauf, die Führerscheinprüfung abzunehmen. Weil die völlig überlastet sind, kommt es zu langen Wartezeiten für Kandidaten. Die neue Koalition will jetzt auch andere Prüfer zulassen. Durchgesetzt hat das die FDP, die zuvor von den Prüforganisationen heftig umworben wurde. Wer in Deutschland einen Führerschein macht, muss vor allem eines mitbringen: Geduld. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis nach der Ausbildung endlich ein Prüftermin in Sicht ist. Sechs Wochen sind vielerorts Standard, manchmal dauert es noch länger. Wer einen Job annimmt, bei dem der neue Führerschein unverzichtbar ist, gerät zeitlich ins Schleudern.

    Dazu kommt: Inzwischen fallen mehr als 40 Prozent der Führerscheinkandidaten bei der ersten Prüfung durch. Sie sind offenbar schlecht vorbereitet. Der zweite Anlauf aber kostet nicht nur Geld und Nerven, sondern erneut jede Menge Zeit. Die neue Regierungskoalition will das jetzt ändern: Auf Druck der FDP haben die Verhandler der Ampelkoalition in ihr gemeinsames Programm geschrieben, dass „das Monopol bei der Fahrerlaubnisprüfung unter Wahrung geltender Qualitätsstandards“ aufgehoben werden soll.

    Es geht beim Führerschein um Hunderte Millionen Euro

    Was für die Führerscheinkandidaten zumindest zeitlich eine Verbesserung bedeuten kann, sorgt hinter den Kulissen bei den beteiligten Organisationen für den Ausnahmezustand. Es geht um einen Kuchen von geschätzt 250 Millionen Euro. Soviel zahlen die rund 1,5 Millionen Führerscheinneulinge im Jahr an „Prüfungsgebühren“ für die theoretische und praktische Fahrprüfung. Bisher floss dieses Geld in die Kassen von TÜV und Dekra, beide Organisationen haben pro Bundesland jeweils das Monopol auf die Prüfungsabnahme.


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    Im Westen ist es eher der TÜV, im Osten eher die Dekra, die das einträgliche Geschäft betreiben – und mit Klauen und Zähnen über Jahrzehnte verteidigt haben. Dabei fällt natürlich niemals das Wort „Geld“, sondern es geht stets um „Qualität“: „Die Technischen Prüfstellen gewährleisten ein hohes Maß an Neutralität und Objektivität und dienen allein dem Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen“, heißt es vom Bundesverband des TÜV’s.

    Allerdings müssen TÜV und Dekra einräumen, dass mehrwöchige Wartezeiten für die Prüflinge lästig und teuer sind – schon allein, weil weitere Fahrstunden fällig werden. Die Wartezeiten lägen an der Corona-Pandemie. Lockdown und Hygienebestimmungen haben die Situation verschärft. Darüber hinaus sind die praktischen Fahrprüfungen länger geworden, weswegen mehr Personal fürs Prüfen erforderlich sei, woran man aber arbeite, heißt es vom TÜV.

    Dekra und TÜV bekommen Konkurrenz

    Die unbefriedigende Lage ermunterte auf der anderen Seite einen ewigen Wettbewerber von TÜV und Dekra, eine Kampagne loszutreten. Die Gesellschaft für Technische Überwachung GTÜ hieb in die Kerbe: Gegen die Wartezeiten müsse Abhilfe geschaffen werden. „Das bestehende Monopol der Fahrerlaubnisprüfung muss dringend geöffnet werden“, forderte Robert Köstler, Sprecher der Geschäftsführung der GTÜ pünktlich im Sommer, als die Parteien ihre Wahlvorbereitungen trafen. Und Köstler beließ es nicht beim Reden, sondern lud Christian Lindner und zwei regionale FDP-Größen eine Woche vor der Wahl zum Ortsbesuch in die GTÜ-Zentrale nach Stuttgart ein.

    Lindner gestand, dass sein erstes Wort, das er aussprechen konnte, „Auto“ gewesen sei, und erhielt ein zu seiner Leidenschaft passendes Gastgeschenk, nämlich Auszüge aus dem GTÜ-Classic-Archiv über den Porsche 911 SC. Gastfreundschaft, aufmunternde Worte und gute Argumente haben danach offenbar gewirkt. Jedenfalls steht nun im Koalitionsvertrag, dass sich die Regeln zur Fahrerlaubnisprüfung so ändern, dass die GTÜ und andere Organisationen zum Zuge kommen können. Umsetzen muss das der nächste Verkehrsminister, der mit Volker Wissing praktischerweise auch von der FDP kommt.

    Mit Interesse verfolgen die Fahrlehrer den Lauf der Dinge. Sie beklagen schon seit längerem die unzureichenden Kapazitäten von TÜV und Dekra und setzen sich, wie die GTÜ stolz in einer Mitteilung bekannt macht, dafür ein, „dass weitere Prüforganisationen für die Abnahme der Fahrerlaubnisprüfung ermächtigt werden, um die notwendige Entlastung bei den Terminengpässen zu schaffen“. Dass die Fahrlehrer selbst nach einer entsprechenden Qualifizierung die Prüfung abnehmen, will offenbar bislang niemand. Ein Dritter im Bunde sei aus Qualitätsgründen notwendig - darüber besteht Einigkeit.

    Die GTÜ, die das letzte Mal vor drei Jahrzehnten TÜV und Dekra erfolgreich das Monopol zur regelmäßigen Fahrzeuguntersuchung abjagte, steht jedenfalls jetzt in den Starlöchern. Da passt es gut, dass für die GTÜ viele Prüfer arbeiten, die früher einmal für TÜV und Dekra unterwegs waren und auch als Führerscheinprüfer geschult sind. Sie könnten ad hoc einspringen und den Prüfungsstau verkürzen.

    Prüfgesellschaften finden sich bereits mit Neuregelung ab

    Der TÜV dagegen findet die beabsichtigte Neuregelung gar nicht lustig. Was er zu sagen hat, klingt allerdings bereits nach Rückzugsgefecht: Er begrüße alle Schritte, „die zu einer höheren Qualität der Fahrausbildung führen, um die hohen Durchfallquoten bei den Fahrprüfungen zu senken und einen Beitrag zur Verkehrssicherheit zu leisten“. Das sei schließlich wichtig, da Fahranfänger überdurchschnittlich häufig an Verkehrsunfällen beteiligt seien. Aber: Das jetzige System habe sich bewährt und werde im Übrigen nach „aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen modernisiert“. Jedoch: Weil diese Modernisierung eben nicht zu kürzeren Wartezeiten für die Fü hrerscheinkandidaten geführt hat, sieht es so aus, als müssten TÜV und Dekra jetzt etwas von ihrem 250 Millionen-Euro-Kuchen abgeben.


    Focus-Online