Das 70.000-Tonnen-Problem der Energiewende

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  • Das 70.000-Tonnen-Problem der Energiewende

    Nächste Hiobsbotschaft für die deutsche Windkraft: Ausgerechnet das Umweltbundesamt warnt vor einem Entsorgungsproblem von ausgedienten Rotoren. Doch damit nicht genug: Bei den Betreibern klafft eine 300-Millionen-Euro-Lücke.

    Auf den ersten Weckruf hatte die Windkraftindustrie noch mit Beschwichtigungen reagiert. Es war Anfang vergangenen Jahres, als der führende deutsche Entsorgungskonzern Remondis öffentlich davor warnte, dass die deutsche Energiewende vor einem erheblichen Entsorgungsproblem stehe.

    „Wir stellen mit massiven Subventionen Windräder auf, aber niemand hat sich Gedanken darüber gemacht, was danach mit den Anlagen passiert; dass die eingesetzten Mittel zum Beispiel auch recyclingfähig sein müssen“, erklärte damals Remondis-Geschäftsführer Herwart Wilms. Insbesondere bei den mit Glas- und Kohlenstofffasern verstärkten Kunststoffen für die Rotorblätter sei „unter vernünftigen ökonomischen Bedingungen eine Aufbereitung kaum zu schaffen“.

    Der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE) winkte damals noch ab: Es gebe etablierte Recyclingverfahren für solche Verbundstoffe, die ja auch im Auto- und Flugzeugbau Verwendung finden, erklärte Hermann Albers. „Die Sorge, künftig vor Bergen alter Rotorblätter zu stehen, sind mehr als unbegründet.“

    Jetzt wird genau diese Sorge allerdings erneut laut – und durch ein wissenschaftliches Gutachten sogar noch verstärkt. Ausgerechnet das Umweltbundesamt, erwiesenermaßen kein Feind erneuerbarer Energien, hat das Recyclingproblem der Windkraftbranche in einer 250 Seiten starken Studie analysiert. Ergebnis: Für Entwarnung an der Entsorgungsfront gibt es keinen Grund. Im Gegenteil.

    Laut der Studie des Umweltbundesamts fallen Tausende Tonnen Rotorblattschrott an, wenn in den nächsten Jahren immer mehr Windräder der ersten Generation das Ende ihrer 20- bis 30-jährigen Lebensdauer erreichen. Allein im Jahr 2021 sind es demnach mehr als 50.000 Tonnen sogenannte GFK-Verbundwerkstoffe. Bis zum Jahr 2038 kann der Abfallberg in der Spitze auf mehr als 70.000 Tonnen pro Jahr ansteigen.


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    Verbundwerkstoffe mit verklebten Glas- und Kohlenstofffasern seien „bislang jedoch schwer zu verwerten“, warnt das Umweltbundesamt. In Deutschland gebe es lediglich eine einzige spezialisierte Verwertungsanlage für solche Abfälle.

    Und damit nicht genug: Die Betreiber der Windkraftanlagen legen offenbar auch nicht genug Geld zurück, um den ordnungsgemäßen Rückbau und das Recycling ihrer Altanlagen finanzieren zu können. Laut Studie zeigt sich, „dass vor allem ab Mitte der 2020er-Jahre erhebliche Finanzierungslücken bevorstehen“. Für das Jahr 2038 prognostiziert das Umweltbundesamt eine Lücke von 300 Millionen Euro.

    Beide Befunde stellen eine zusätzliche Bedrohung für die ohnehin schon angeschlagene deutsche Windkraftbranche dar. Die Anlagenhersteller leiden in diesem Jahr unter einem starken Einbruch der Auftragszahlen, weil immer mehr Projekte von betroffenen Anwohnern, Wald- oder Vogelschützern beklagt werden. In der Folge ziehen sich auch die Genehmigungsverfahren für neue Windparks unkalkulierbar lange hin. Immer häufiger kommt es in der einst erfolgsverwöhnten deutschen Windkraftbranche inzwischen zu Entlassungen und Betriebsschließungen.

    Bei einem „Windgipfel“ im Bundeswirtschaftsministerium hatte die Branche erst vor wenigen Wochen deutlich gemacht, was nötig sei, um die Ausbauzahlen wieder auf das gewünschte Niveau zu heben: Weniger Bürokratie, weniger Artenschutz-Auflagen und kürzere Klagewege sollten die Windbranche aus ihrem Tief holen.

    Doch jetzt fordert ausgerechnet das dem Bundesumweltministerium angeschlossene Umweltbundesamt genau das Gegenteil: mehr Auflagen, mehr Bürokratie und höhere finanzielle Rückstellungen für den Rückbau. „Die Studie empfiehlt, die Berechnungsgrundlage für die Rücklagen zu überprüfen und die Rücklagen regelmäßig von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen zu lassen, ob sie noch dem Stand der Technik und den zu erwartenden Kosten entsprechen“, heißt es.

    Umweltbundesamt fordert Rückbau der Betonfundamente

    Eine Frage beantwortet die Studie des Umweltbundesamts dabei jedoch nicht: Wie teuer das sachgemäße Zerlegen der alten Rotorblätter wird, kann bis dato nur geschätzt werden. Verfahren werden erst noch entwickelt. „Aufgrund ihrer hohen Energiedichte sind Carbonfasern nur unter extremen Bedingungen verbrennbar“, heißt es in der Studie. Die elektrische Leitfähigkeit von CFK-Stäuben könne innerhalb der Verbrennungsanlagen „zu Kurzschlüssen, Stromausfällen oder Bränden führen“. Damit nicht genug: Zu vermuten sei, „dass Carbonfasern unter Sauerstoffeinfluss ab einer Temperatur von 650 Grad Celsius lungengängige Teilchen bilden, die nach Einatmung – ähnlich wie bei Asbestfasern – das Lungenkrebsrisiko erhöhen“.

    Aufgrund solcher Gesundheitsgefahren beim Zerkleinern faserverstärkter Kunststoffe fordert die Studie des Umweltbundesamts auch strengere Regeln für den Windradabbau. Denn bislang werden alte Windräder oft recht hemdsärmelig per Kran oder Lkw umgerissen oder mit Sprengstoff zu Boden gebracht – eine Praxis, die auf YouTube vielfach zu besichtigen ist.

    Auch die Praxis, Tausende Tonnen Betonfundament nach dem Windradabriss einfach im Boden zu belassen, will das Umweltbundesamt so nicht mehr hinnehmen: Die Fundamente sollten in Zukunft „möglichst vollständig zurückgebaut werden“. Das bislang eingesetzte Verfahren, Rotorblätter vor Ort auf dem Acker kleinzusägen oder -flexen, sollte ebenfalls reguliert werden, fordert das Umweltbundesamt mit Blick auf die „lungengängigen“ Carbonfasern, die dabei freigesetzt werden. Bei den Sägearbeiten vor Ort „sollte die Staubbelastung für Mensch und Umwelt durch Einhausung sowie Auffangen von staubbelastetem Wasser minimiert werden“.

    Auf die ohnehin bedrängte Branche kommen damit vermutlich kostenträchtige Ökoauflagen zu, denn: „Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich keine hochwertige Recyclingmethode für CFK etablieren konnte“, stellt das Umweltbundesamt fest. „Die energetische Verwertung in einer Müllverbrennungsanlage ist aufgrund der potenziellen Entstehung problematischer Faserbruchstücke sowie der Problematik möglicher auftretender technischer Defekte innerhalb der Anlagen nicht möglich.“ Schließlich sei auch die mechanische Verwertung zu Füllstoffen im Straßenbau „einerseits unwirtschaftlich“, andererseits sei „die Nachfrage dafür bei prognostizierten steigenden Mengen an CFK-Abfall zu gering“.



    Quelle : http://www.welt.de

  • Das ist in Deutschland ja nichts neues. Bei den Kernkraftwerken gibt es ein ganz ähnliches Bild, die Entsorgung je Atommeiler wird mit 1 Milliarde Euro angenommen, 37 gehören zurückgebaut, 30 Milliarden Euro sind an Rücklagen gebildet. Wie gut Deutschland bei so großen Bauprojekten rechnen kann sieht man ja am BER, Stuttgart21, Elbphilharmonie, ... - im Endeffekt kann man bei deutschen Großprojekten die Kosten eben mal mindestens verdoppeln bis verzehnfachen, dann wird es vielleicht ein bisschen realer.

    Aber hey, der Deutsche zahlt doch gerne Steuern, und irgendeine Ersatzsteuer muss bis 2021 ja noch gefunden werden, immerhin geht ab da dem deutschen Staat ja der Soli zum größten Teil verloren. :sark

  • Dazu noch das Problem der Recyclingbatterien aus den Millionen E-Autos, die sie noch bauen und verkaufen wollen. Auch dafür gibt es noch keine wirklich brauchbare Lösung. Die Batterien müssen als Gefahrgut transportiert werden und das Recycling ist aufwendig und teuer. Ende vom Lied, die versprochenen 50% werden irgendwie erreicht, der Rest als Sondermüll nach Afrika oder sonstwohin verschoben.


    Vielleicht kann man ja die Transportbehälter aus recycleten Rotorblättern erzeugen, da würden sich dann alle wieder freuen, weil es eine win-win-win Situation wäre, außer für den, bei dem der ganze Schrott endgelagert wird.


    Zu den Fundamenten: Man denkt offenbar schon jetzt gar nicht erst darüber nach, auf diesen Fundamenten eine neue Windkraftanlage zu errichten? Ist das Thema in 5 - 15 Jahren schon wieder völlig aus der Betrachtung?

    Man lebt nur kurz und einmal!

    Der aktuelle Fuhrpark:
    Mitsubishi Galant E30 2.0 GLSi deluxe / Sigma 24V / MB E350 CDI Coupé AMG-Line / SLK200

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