Ist Al Gore ein Lügner ?
Es läuft beim Klimawandel eine Menge ganz anders als von den Klimaforschern berechnet und vorausgesagt. „Das arktische Meereis schwindet deutlich schneller als nach den Projektionen von Klimamodellen zu erwarten war“, stellt der von 26 führenden Klimaforschern verfasste und soeben veröffentlichte Bericht „Copenhagen Diagnosis“ fest. Denn der tatsächliche Wert für 2008 und 2009 liegt um 40 Prozent höher als nach den Simulationsrechnungen des 4. IPCC-Sachstandsberichts von 2007 zu erwarten war.
Sogar um 80 Prozent weicht der tatsächliche Anstieg des Meeresspiegels in den letzten 15 Jahren von den Voraussagen des 3. IPCC-Sachstandsberichts von 2001 ab. Das sind in ihrer Größe geradezu alarmierende Fehleinschätzungen, die mehr als berechtigte Zweifel aufkommen lassen, ob die in wenigen Tagen zum Kopenhagener Klimagipfel anreisenden Klimaforscher tatsächlich wissen, wie das Klimageschehen auf der Erde funktioniert.
Denn ganz offensichtlich sind beim Klimawandel maßgebliche, aber uns noch unbekannte Faktoren mit im Spiel, laufen Prozesse ab, die wir uns mit unserem derzeitigen Wissen nicht erklären können. Das ist kurz vor dem Klimagipfel für all die Klimaspeziallisten, die uns seit Jahren weismachen, genau berechnen zu können, wie Klima funktioniert und wie solche Prozesse durch menschliche Eingriffe sogar gesteuert werden können, eine ernüchternde Erkenntnis. Denn sie wissen über die Erderwärmung offenbar weniger als immer behauptet und angenommen.
Und der Bericht „Copenhagen Diagnosis“, der nach den Intentionen seiner Verfasser als ein die Menschheit alarmierendes Update des gesammelten Klimawissens gedacht ist, erweist sich bei genauerem Nachdenken eher als der erste Schritt zu einem Offenbarungseid der Klimaforschung.
Das allerdings scheint den Autoren nicht bewusst geworden zu sein. Wie sonst könnte Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Berater der Bundesregierung, erklären: „Dies ist der letzte wissenschaftliche Aufruf an die Unterhändler von 192 Staaten, den Klimaschutz-Zug in Kopenhagen nicht zu verpassen. Sie müssen die ganze Wahrheit über die globale Erwärmung und die damit verbundenen nie da gewesenen Risiken kennen.“
Doch was ist die ganze Wahrheit über die globale Erwärmung, wenn Arktiseisschmelze und Meeresspiegelanstieg zur großen Überraschung der Klimaforscher ganz anders verlaufen als erwartet. Warum hat man bei angeblich so detailliertem Klimawissen „die Klimakrise bislang unterschätzt“, wie Stefan Rahmstorf ebenfalls von PIK betont. Überzeugende Antworten hierauf sucht man vergebens.
Es ist unverkennbar, dass die wenige Tage vor dem Beginn des Kopenhagener Klimagipfels verkündeten dramatischen „Wahrheiten“ Angst machen sollen. Doch sehr viel mehr Angst bereitet die Erkenntnis, dass wir, wie „Copenhagen Diagnosis“ erkennen lässt, offensichtlich viel weniger über die globale Erwärmung wissen, als bislang angenommen. Und damit stellt sich unausweichlich die Frage, ob das einzige konkrete Ziel der Kopenhagener Konferenz, nämlich die CO2-Emissionen weltweit dramatisch zu senken, wirklich der richtige Weg ist, in diesen Prozess einzugreifen, in dem uns bislang unbekannte, aber offenbar gewaltige Kräfte am Werke sind, die sich vom Menschen wahrscheinlich nicht steuern lassen.
Fährt der Klimaschutz-Zug tatsächlich in die richtige Richtung, sind die Milliarden und Abermilliarden zur CO2-Verminderung wirklich sinnvoll eingesetzt? Lässt sich allein durch drastische CO2-Verminderung tatsächlich „Klima machen“, wie uns permanent eingeredet wird – oder sollte man die zusehends wachsende Zahl von Wissenschaftlern, die diesen Weg für ungeeignet halten, sowie deren Argumente endlich ernst nehmen, statt sie als „Skeptikergerede“ lächerlich zu machen?
Vielleicht kommt die mit der „Copenhagen Diagnosis“ gewonnene Erkenntnis, dass entscheidende Klimaprozesse anders ablaufen als vorausberechnet, gerade noch zum rechten Zeitpunkt, um das große Klimatreffen wirklich zu einem Wendepunkt in der Klimapolitik zu machen. Vielleicht sollte man die letzte Chance nutzen, statt verbissen und mit geradezu unverantwortlich hohen Kosten auch die kleinste CO2-Emission zu vermeiden, ebenso verbissen noch einmal ganz genau nachzurechnen, was all das tatsächlich bringt.
Verbindliche und wissenschaftlich nachprüfbare Werte hierfür hat uns die weltweite Klimaforschung bis heute noch nicht geliefert. Niemand kann derzeit in konkreten Zahlen sagen, welchen Effekt die angestrebten Minderungen von durch menschliches Handeln freigesetztem CO2 und anderen Treibhausgasen tatsächlich auf das Klimageschehen haben. Wissen wir überhaupt, was wir tun? Es scheint an der Zeit, dass die von dem tatsächlichen Geschehen jetzt so überraschten Klimaforscher erst einmal ihre Hausaufgaben machen.
Es ist durchaus möglich, dass die jetzt veröffentlichten Fehleinschätzungen nur die Spitze eines Eisbergs sind. Es ist durchaus möglich, dass wir schon bald erkennen müssen, dass das Klima der Erde ein Geschehen ist, das zu steuern, wir Menschen zu unbedeutend sind. Wobei noch gar nicht hinterfragt ist, wer nach welchen Maßstäben und mit welcher Berechtigung bestimmt, welches Klima denn nun das richtige und deshalb zu schützen ist. Und es ist durchaus möglich, dass der Versuch, die Erderwärmung auf nur zwei Grad bis 2100 zu begrenzen, ebenso anmaßend und erfolglos ist wie etwa die Forderung, die Auffaltung des Himalaya-Gebirges durch das Verhindern des Metropolenwachstums auf dem indischen Subkontinents zu begrenzen.
Dennoch wäre es falsch, nun die Hände in den Schoß zu legen. In Gegenteil, denn Klimawandel ist Realität. Und wenn sich herausstellen sollte, dass er durch menschliches Handeln nicht abwendbar ist, dann sollte man besser heute als morgen aufhören, vergeblich gegen ihn zu kämpfen und von dem mit falschem Kurs fahrenden Klimazug abspringen – auch wenn das für viele Klimawissenschaftler und noch mehr für Politiker nicht ohne Blessuren abgeht. Denn sie haben es bei ihrer allein auf die CO2-Minderung festgelegten und völlig alternativlosen „Klimapolitik“ sträflich versäumt, für den Fall, dass „Plan A“ sich als falsch erweisen sollte, wenigstens einen alternativen „Plan B“ vorzubereiten.
Wir werden jeden Cent der für die CO2-Senkung bereitgestellten Mittel benötigen, um die vielfältigen Folgen des Klimawandels in den Griff zu bekommen. Es ist höchste Zeit, sich den bei einer Erderwärmung entstehenden Herausforderungen zu stellen und statt immer schlimmerer Horrorszenarios positive Lösungen zu entwickeln. Höchste Zeit ist es auch, statt permanent Angst zu machen, zu zeigen, dass wir berechtigte Hoffnung haben dürfen, dass dieser Planet auch unter sich verändernden Klimabedingungen, die für viele Regionen zudem beachtliche Vorteile bringen, über die aber niemand spricht, auch künftig sehr lebenswert sein kann.
Eines allerdings sollten wir ganz schnell tun: das geradezu unerträgliche Gerede vom „schädlichen“ CO2 beenden. Was im Bewusstsein vieler Bürger längst zu einer geradezu tödlichen Gefahr hochstilisiert wurde, ist nämlich der Stoff, der die Basis des Lebens auf unserer Erde ist und damit alles andere als ein Feind. Ohne CO2 wächst kein einziger Getreidehalm!
Und vielleicht ist es auch ganz hilfreich, sich einmal ein paar Größenordnungen bewusst zu machen. Allein die derzeit auf der Erde lebenden 6,81 Milliarden Menschen produzieren mit ihrem ganz normalen Stoffwechsel rund 6,81 Millionen Tonnen CO2 täglich! Im Jahr sind das 2,48 Milliarden Tonnen. Doch diese Milliarden Menschen sind nur ein winziger Bruchteil der CO2 produzierenden Lebewesen auf unserem Planeten! Gemessen an den sich daraus ergebenden CO2-Umsätzen sind viele der CO2-Einsparpotenziale durch Glühlampen-, Heizpilz-, Klimaanlagen-, Kohlekraftwerk- und andere Verbote geradezu lächerlich klein.
Wir sollten den 26 Verfassern von „Copenhagen Diagnosis“ dankbar sein, dass sie uns, wenn auch ungewollt, den Anstoß gegeben haben, darüber nachzudenken, welche Rolle der Mensch tatsächlich im Klimageschehen spielt.
stern.de