Wie lange gibt es eigentlich noch Auto-Ersatzteile?

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  • Beinah täglich wird derzeit gemeldet, dass Zulieferfirmen wie etwa Schaeffler existenziell bedroht sind. Die gute Nachricht in der Krise: Selbst wenn Autohersteller sterben, lebt das Material zum Reparieren noch viele Jahre weiter. Denn das Geschäft mit Ersatzteilen kann lukrativer sein als der Autobau selbst.


    Meldungen wie diese alarmieren potenzielle Käufer: „Opel-Zulieferer streicht zwei Drittel aller Stellen“ hieß es vor Kurzem. Gemeint war die Firma Proseat aus Hessen, die 100 ihrer 150 Mitarbeiter am Standort Rüsselsheim entlassen will. Das Unternehmen ist keine Hinterhofklitsche, sondern nach eigener Auskunft europäischer Marktführer bei Formschaumteilen für Autositze. Wer in Opels neuem Insignia sitzt, der sitzt auf Schaum von Proseat. Doch wenn schon ein Zulieferer dieser Größenordnung schrumpft, wie ist es dann generell um Ersatzteile in der Autoindustrie für Insolvenz-Kandidaten bestellt?


    Von Seiten des Gesetzgebers gibt es in dieser Hinsicht nur eine Verantwortung für die Verkäufer, nicht für die Hersteller. Erstgenannte müssen die Ersatzteile auch nicht vorrätig haben, sondern nur eine Bezugsquelle benennen können. Der Zeitraum dafür bezieht sich auf die geschätzte Haltbarkeit, Markenunternehmen in der Automobilindustrie sichern entsprechend eine Lieferbarkeit von zehn Jahren zu.


    Nicht immer geht es dabei nur um das Gestühl im Auto. Es geht um Einspritz- und Wasserpumpen, Auspuff-Anlagen, Steuergeräte und anderes Wichtiges mehr. Teile, die längst nicht mehr alle von Opel in Eigenregie hergestellt, sondern von denen viele dazugekauft werden. Nur noch 30 Prozent der sogenannten Wertschöpfungskette – von der Stahlproduktion bis zur Endmontage – erwirtschaftet etwa das Stammwerk beim Insignia.


    Was ist also bei dieser Auslagerung von der Selbstverpflichtung der Automobilindustrie für die zehnjährige Lieferbarkeit von Ersatzteilen zu halten, wenn Opel oder auch Saab nicht nur die Insolvenz beantragen, sondern auch in die Insolvenz gehen würden? „Für die nächsten zehn Jahre sehe ich bei Opel in dieser Hinsicht überhaupt keine Probleme“, sagt Professor Wolfgang Meinig. „Und darüber hinaus auch nicht.“ Der Leiter der Forschungsstelle Automobilwirtschaft FAW in Bamberg beobachtet seit mehreren Jahrzehnten den Zulieferermarkt und erstellt entsprechende Studien und Prognosen.


    Als Letztes erschien 2008 zum sechsten Mal der Zulieferer-Zufriedenheitsindex SSI (Supplier Satisfaction Index). Fazit: „Bei Opel ist die Stimmung sowohl im Beschaffungs- als auch im Absatzkanal gedrückt: Zulieferer und fabrikatsgebundene Kfz-Händler haben gleichermaßen den Glauben an die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Fahrzeuge verloren.“


    Auf die Versorgung mit Ersatzteilen habe das aber keine Auswirkungen. Hintergrund sind weniger Selbstverpflichtungen oder rechtliche Gründe, sondern wirtschaftliche Motivation. Zu groß ist das Geschäft, das im Handel mit jenen Tauschteilen steckt: „Wir haben uns schon lustig darüber gemacht, dass die Hersteller nicht mit der Herstellung von Fahrzeugen wirklich Gewinne machen, sondern mit dem Teileverkauf und der Autofinanzierung“, sagt Meinig.


    So zählt etwa die Volkswagen AG zu den stärksten Großhändlern für Teile in der Automobilbranche überhaupt. Sie beliefert ihre eigenen Vertragshändler der vier Konzernmarken VW, Seat, Skoda und Audi mit Ersatz, vergisst dabei jedoch nicht, ordentliche Preisaufschläge im Vergleich zur Erstausrüstung des Fahrzeugs vorzunehmen. Meinig kann keine aktuellen Zahlen nennen. In einer fast 20 Jahre zurückliegenden, sehr umfassenden Untersuchung seines Instituts kam jedoch heraus, dass VW bis zu 400 Prozent im Schnitt auf die Ersatzteile aufschlug – noch bevor die Vertragshändler der „unverbindlichen Preisempfehlung“ selbst weitere Margen von 10 bis 15 Prozent zufügten. Meinig kann sich an ein Lenkrad eines Kleinserien-Audis erinnern, „für das im Austausch damals rund 1000 Prozent aufgeschlagen wurde“.


    Das ungeheure Geschäft, das hinter dem Ersatzteilhandel steht, könnte allerdings auch die Zulieferer retten. Marcus Berret, Automobilfachmann des Beratungsunternehmens Roland Berger, schätzte zwar gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, dass im Falle einer Insolvenz von GM und eines Produktionsausfalls bei Opel „etwa jeder zehnte der 400.000 Arbeitsplätze in der Zuliefererbranche wegbrechen“ könnte. Doch gleichzeitig räumte Berret ein, dass die Hälfte dieser Plätze durch anderweitige Nachfrage wohl wieder aufgefangen werden würde.


    Professor Meinig sieht die Versorgung mit Ersatzteilen auch aus einem anderen Grund nicht gefährdet. Bei einer Insolvenz von Opel oder Saab, die beide zu allem Unglück in Rüsselsheim produzieren, würde es genug ökonomischen Anreiz auch für die Gründung neuer Gesellschaften geben, die die Ersatzteilversorgung übernehmen.


    Selbst für längst untergegangene Fahrzeugmodelle wie den Stufenheck-PKW Isuzu Gemini, der seit neun Jahren in Deutschland vom Markt ist, findet Google 1220 Einträge bei Ersatzteilen und entsprechenden Händlern. Für 83,49 Euro gibt es etwa bei lott.de eine Zylinderkopfdichtung. Versandfertig innerhalb von 24 Stunden.


    Herstellerpleiten können sogar Vorteile haben


    Für den Verbraucher könnte es manchmal sogar Vorteile haben, wenn der Hersteller in die Insolvenz geht: „Der größte Fisch ist dann weg“, sagt Alexander Vorbau vom Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA). Der Wettbewerb unter den Zulieferern würde bei einem lukrativen Markt von mehreren Millionen Autos höchstwahrscheinlich noch zunehmen, was in der Regel zu sinkenden Preisen führe. Keinesfalls sei eine Entwicklung zu erwarten, wie sie etwa bei Oldtimern gang und gäbe ist.


    Wobei selbst dort der ein oder andere noch ein Schnäppchen machen kann. Professor Meinig, der unter anderem einen 50 Jahre alten Benz besitzt, bekam vor einiger Zeit Luftfilter zum Vorzugspreis für sein Schätzchen angeboten, 150 Euro das Stück. Er kaufte den angebotenen Bestand von sieben Filtern auf. „Die sind auf dem Markt 900 Euro wert.“


    Welt Online

  • Ist doch klar das es noch auf Jahre hinaus Ersatzteile geben wird, bei all den Abwrackkandidaten, die jetzt auf der Halde stehen.

    Nasenhaare ausreißen ist der tägliche SM des kleinen Mannes

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