Beziehungsunfähig, Anpassungsunfähig, verwöhnt ?!
GENERATION "ICH"
Der Link unserer gemeinsamen Freundin "Lisa" ( aka Atomgnom ) bei Facebook hat mich sehr nachdenklich
gestimmt und ich denke seither viel über diese Analyse nach. wohl auch, weil ich selbst bereits diese Erfahr-
ungen machen durfte oder musste - also im positiven und negativen Sinne.
Das Thema beschäftigt mich auch nach Tagen noch und daher hielt ich es für eine gute Idee, es auch mit euch
zu teilen. Vielleicht wird ja eine interessante Diskussion draus.....
ZitatAlles anzeigenWarum dein Partner dich nicht glücklich machen muss......
„Er hat mich einfach nicht mehr glücklich gemacht“ gehört zu der Kategorie Sätze, die ich zu oft in
meinem Leben gehört habe, und nervt mich fast so sehr wie „Dieser Schokoladenkuchen hat 3000
Kalorien“. Aber zurück zum Anfang: Wieso Partner nicht die Pflicht haben, einander glücklich zu
machen.
Oktober 2016. Eine Freundin schreibt mir eine Whatsapp-Nachricht, die ich erst nicht ernst nehmen
kann, weil ich sie schon zu oft gelesen habe: „Ich glaube, ich trenne mich von ihm. Er macht mich
nicht mehr glücklich.“
Und ja, sie hat es getan, nach sieben Jahren Beziehung und mindestens einmal im Monat „Ich weiß
auch nicht, ob ich das noch will“ hat sie sich dagegen entschieden, obwohl sie wahrscheinlich noch
immer nicht genau weiß, ob sie das will oder nicht oder doch und überhaupt, seit wann sind Entscheid-
ungen so schwer geworden?
Ich habe das Gefühl, meine Generation ist so eine Art Selbstexperiment, von dem jeder weiß, der in
meiner Zeit geboren wurde, aber keiner redet darüber und die wenigen, die es anscheinend verpasst
haben, werden es auch niemals erfahren. Es ist wie eine Art unausgesprochener aber existenter Pakt,
den ich nicht kenne, aber immer öfter bei meinen Freunden, Bekannten und Bekanntenbekannten beo-
bachte: Wie kann man am wenigsten Verantwortung für das spaßigste Leben überhaupt übernehmen?
Dadurch, dass wir mittlerweile alle ohne nennenswerte Probleme wie Krieg, akutes Hungerleiden oder
Mauer-mitten-im-Land aufgewachsen sind und uns schon im Kindergarten das „Du kannst alles sein
und alles schaffen“ Mantra eingeprügelt wurde, haben sehr viele Menschen verlernt, was es eigentlich
heißt, Verantwortung zu übernehmen. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an, wie die Frage danach, wer
die Milch in der WG kauft – und nach zwei Wochen ist noch immer keine da, weil jeder dachte, „der
andere macht das schon“.
Wie kann man am wenigsten Verantwortung für das spaßigste Leben überhaupt übernehmen?
Und so sind wir alle nur noch Freelancer, aber bitte mit überdurchschnittlich gut bezahlten Aufträgen,
denn wir sind alle schrecklich einzigartig mit unseren genormten Sneakers, Designertaschen und
Michael-Kors-Uhren, während wir mittags im Starbucks am MacBook sitzen und hochkonzentriert
unseren Doppel-Espresso-Soja-Latte trinken. „Wir sind es uns wert“, und „es“ heißt in diesem Falle
„alles“, denn: Man gönnt sich ja sonst auch alles!
Wir können und wollen alles haben, was Spaß macht, denn das ist unser Leitmotiv. Arbeit muss Spaß
machen, sonst ist es der falsche Job, Beziehungen müssen Spaß machen, sonst ist es der falsche
Partner und wenn dir dein Leben generell nicht nur Spaß macht, dann wanderst du eben aus, ist ja auch
kein Problem.
Es wird erst zu einem Problem, wenn all die vergnügungssüchtigen und freiheitsliebenden Menschen
abends alleine im Zimmer in Berlin-Mitte sitzen und aus dem Fenster gucken mit einer Flasche Club Mate,
und sich vielleicht mal fragen, wie es den Großeltern geht, die schon so lange zusammen sind und
irgendwie immer für einen da.
Wenn dir dein Leben generell nicht nur Spaß macht, dann wanderst du eben aus, ist ja auch kein Problem.
Die Diagnose lautet: „Das war eben eine andere Zeit““ Das stimmt, aber nicht die Menschen waren
anders, sondern die Werte. Wir wollen, dass unsere Beziehung Spaß macht, und genau deswegen
führen wir keine mehr – denn Spaß machen Beziehungen in den seltensten Fällen. In den ersten 18
Monaten sind wir berauscht von Endorphinen, die wir uns sonst nur beim dreitägigen Feiern im Berghain
reinknallen, und denken, „Das ist er!“, doch eigentlich ist niemand „ES“, wenn wir ihn nicht dazu machen.
Manche Dinge sind nicht dazu gemacht, „einfach einfach zu sein“, denn zwischenmenschliche Bezieh-
ungen verbunden mit tiefen Gefühlen sind das Komplizierteste, was man sich vorstellen kann.
Und genau das ist das Problem dabei, denn alle denken von sich, sie sind besser als ihr Gegenüber. Auf
diesem Glaubenssatz basieren inzwischen Freundschaften wie auch Beziehungen. Ich höre immer den
gleichen Satz von jungen Mädchen „Er hat dich nicht verdient, du bist besser als er!“ und frage mich dann,
worin sie besser ist, wenn sie doch gerade erst 20 ist und noch nicht viel geleistet hat, außer in der Schule
und in der Uni und vor Facebook zu sitzen.
Diese Befeuerung durch ständige Motivationssprüche versperren uns die Sicht auf das Essentielle, wie
zum Beispiel: sich selbst in Frage zu stellen, anstatt den Partner, die Freundin, und wenn es sein muss
auch die ganze Welt. „Ich gegen den Rest der Welt“ wurde Mainstream und anstatt es „just zu doen“
rennen alle weg, dem Sixpack entgegen, weil niemand mehr einen Partner hat, mit dem man samstag-
abends auf der Couch liegen und Pizza essen kann. Wir wollen immer schöner, erfolgreicher und
besser sein, doch niemand weiß, wofür.
Warum dein Partner dich nicht glücklich machen muss
Wir denken die ganze Zeit, dass die Welt uns was schuldet, weil wir einzigartig und sehr, sehr wichtig
sind. Und unser Partner gehört dazu – er soll uns glücklich machen und uns Dinge kaufen, die uns noch
glücklicher machen und uns gerecht werden. „Weil wir es uns wert sind.“
Aber der Partner muss erstmal gar nichts. Eine Beziehung ist etwas, was das Leben noch schöner
machen soll. Und glücklichER, aber nicht glücklich. Kein Mensch hat die Pflicht, jemandem etwas zu
geben, was er selbst nicht schaffen kann.
Wenn man unzufrieden mit der Gesamtsituation ist – ein Dauerzustand – dann sucht man sich erst
einmal jemanden, der daran Schuld sein kann – außer man selbst. Und dann gucken wir auf unseren
Partner, der nichtsahnend und vor allem unschuldig neben uns auf der Couch sitzt und aus uns platzt
ein „Früher war aber mehr Romantik“ / Du interessierst dich gar nicht für mich! / Du gibst dir ja gar
keine Mühe, mich glücklich zu machen!“ heraus. Das große Problem dabei ist, dass wir das selbst
glauben: Dass der Partner in irgendeiner Weise irgendetwas tun muss.
Aber Liebe ist keine Bringschuld. Liebe ist Geben, aber nicht nehmen wollen. Liebe ist so schön, weil sie
selbstlos ist. Wir lesen Utopie in Büchern und fordern sie in der Realität ein – nicht nur, weil wir es schön
finden, sondern weil wir mittlerweile der Meinung sind, dass uns genau das zusteht. Jemanden, der uns
vergöttert, während wir selbst nur vergöttert werden wollen. Wir wollen passive Bewunderung und wenn
wir diese nicht erhalten, suchen wir uns eben denjenigen, der sie uns entgegenbringt. Für die nächsten
zwei Jahre.
Liebe ist keine Bringschuld.......Liebe ist Geben, aber nicht nehmen wollen.
Wir springen von Vorstellung der großen Liebe zu Vorstellung der großen Liebe, bis wir irgendwann zu
alt zum Springen sind und auf all die Chancen zurückblicken müssen, die wir gekonnt ignoriert haben.
Wir wollen zu viel und geben zu wenig, wir sind selbst unser größtes Projekt und haben keine Zeit mehr,
auf andere einzugehen und nach ihren Bedürfnissen zu fragen. Und selbst wenn wir sie kennen würden,
wir hätten neben unseren eigenen einfach keine Zeit dafür.
Ein Satz, der mich noch glücklicher machen würde, als dass Schokoladenkuchen eben doch keine 3000
Kalorien hat, wäre anstatt „Er hat mich nicht mehr glücklich gemacht.“ eine an den Partner gerichtete
Frage: „Wie kann ich dich heute glücklich machen?“ Sich ein bisschen mehr auf andere konzentrieren.
Nicht nur sich, sondern sich zusammen verwirklichen. Geben macht glücklich.
Quelle : http://seinsart-magazin.de/war…t-gluecklich-machen-muss/