aus Spiegel online:
Von Tom Grünweg
Er ist klein, sieht gut aus und bietet mehr Platz als man denkt. Doch mit Rücksicht auf den Kleinwagen Smart gab Daimler dem Mitsubishi i in Europa keine Chance. Jetzt sind die Familienbande gelöst und das Raumwunder kommt doch noch zum Zug.
Nein, was da im Schritttempo um die Ecke kommt, ist kein Smart. Auf den ersten Blick wirken Stummelhaube, Glubschaugen-Scheinwerfer, steil stehende Frontscheibe und die hohe Stirn zwar vertraut. Doch dort, wo beim Smart bereits die Heckklappe anfängt, folgen an diesem Auto noch einmal zwei Türen und genug Platz für eine bequeme Rückbank. Also eine Reinkarnation des Smart Forfour? Auch nicht. Höchstens ein entfernter Verwandter, der sich jetzt endlich auch in Europa auf die Straße traut.
Denn der vermeintliche Smart-Doppelgänger ist ein Mitsubishi i (sprich: "Ei"). Der ist in Japan ein Bestseller. Dort wurde der Viersitzer fast 40.000 mal verkauft und zum "Auto des Jahres" gewählt. Doch nach Europa hat es das muntere Wägelchen bislang nicht geschafft. Der Grund: Bis Ende 2005 war Mitsubishi mit Smart-Hersteller DaimlerChrysler verbandelt. Aus Gründen der Konzernraison wurden damals alle Pläne für eine europäische Variante des Mitsubishi i eingemottet - und der Wagen ausschließlich in Japan auf die Straße gebracht.
Dabei würde das Ei auf Rädern in Hamburg ebenso gut ins Stadtgewühl passen wie in Tokio. Denn der Wagen ist viel cleverer als der Smart: Er ist nicht nur genauso wendig und hat ein ebenso adrettes Design aus der Feder von Olivier Boulay, der vor seinem Wechsel innerhalb des damals noch vereinten Konzerns auch den Maybach gezeichnet hat. Der Japaner hat auch das bessere Raumkonzept: "So hätte ein viertüriger Smart aussehen müssen", kommt einem unweigerlich in den Sinn, wenn man die die Silhouette mit der angedeuteten Sicherheitszelle anschaut, die Fondtüren öffnet und sich bequem hinter den Fahrer lümmelt.
Nebeneinander Sitzende sollte sich mögen
Zur Seite hin geht es allerdings eng zu, weil die japanischen Steuervergünstigungen für Kleinstwagen, so genannte Kei-Cars, nur bis zu einer Breite von 1,48 Metern gewährt werden. Doch für reichlich Kopffreiheit sorgt eine Höhe von 1,60 Metern, und den Platz für die Knie garantiert der stattliche Radstand von 2,55 Metern. Dass der Viertürer trotzdem lediglich 3,40 Meter lang ist, den neuen Smart damit um nur 70 Zentimeter überragt und seinen großen Mitsubishi-Bruder Colt um runde 40 Zentimeter unterbietet, verdankt er seinem intelligenten Konstruktionsprinzip.
Denn wie beim Krisen-Baby aus Stuttgart gibt es vorn unter der Haube nur die Batterie, einen Tank fürs Wischwasser und den Klimakompressor. Der Motor selbst steckt gut isoliert unter dem Kofferraumboden im Heck und treibt von dort die Hinterachse an.
Mittlerweile ist bei Mitsubishi die Zeit der falschen Rücksichten längst vorbei und dem mäßig erfolgreichen Colt würde ein smarter Bruder sicher nicht schaden. Doch für diese Generation des cleveren Smarts ist der Zug abgefahren, weil sich die Entwicklung einer Variante für den Rechtsverkehr nicht mehr lohnt, argumentieren die Japaner. Nur die Briten haben gut lachen: Weil sie das Lenkrad eh auf der rechten Seite brauchen, müssen sie kaum etwas umrüsten und haben das Ei deshalb ins Programm aufgenommen. Für einen Grundpreis von 8999 Pfund wird dort der komplett ausgestattete Viersitzer als luxuriöser Cityflitzer verkauft.
Das klingt nach Schnäppchen. Doch gab es den letzten Smart Fortwo im Vereinigten Königreich schon ab 6782 Pfund und das viertürige Modell Forfour haben die Briten bis zu seiner Einstellung für 8617 Pfund verkauft. Wer umrechnet, muss ohnehin zweimal schlucken. Fast 13.000 Euro machen den Mitsbishi i im Feld der Stadtautos im Stile des Toyota Aygo oder des Renault Twingo nicht eben zum Preisbrecher. Und auch die serienmäßige Klimaanlage und der CD-Spieler können nicht darüber hinweg täuschen, dass zwei Airbags, aber kein ESP, eine magere Sicherheitsausstattung sind.
Staatliche Förderung für den CO2-Knauserer
Auf der Insel ist der Wagen dennoch attraktiv, weil er vom Staat gefördert wird. Den Rabatt verdankt der i seinem sparsamen Benzinmotor, der im Mittel 5,2 Liter verbraucht und nur 114 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. Der Dreizylinder mit 660 Kubikzentimetern hat zwar kaum mehr Volumen als das Glas fürs Feierabendbier, schafft aber mit Hilfe eines Turbos immerhin 57 PS und bringt über eine Viergang-Automatik 84 Nm auf die Straße.
Auch wenn er durch London rollt wie ein Außerirdischer beim Sightseeing, ist der i nicht nur Bote aus einer fernen Welt, sondern auch ein Gruß aus einer sauberen Zukunft: In Japan hat Mitsubishi für 2010 eine Variante mit Elektroantrieb abgekündigt, die in der britischen Hauptstadt ebenfalls schon auf Testfahrt ist und ganz legal die City-Maut prellt. Auch damit ist der i dem Smart wieder ganz nah. Denn den Mini aus dem Mercedes-Markenportfolio gibt es in London ebenfalls als Elektro-Auto. Allerdings nur mit zwei Sitzen.
Spiegel online (http://www.spiegel.de/auto/fah…hte/0,1518,492297,00.html)
